Mit seiner langen Erfahrung des Zusammenlebens mit anderen Religionen stehe er für einen offenen und toleranten Islam, sagte der Beauftragte für Kirche und Islam der hannoverschen Landeskirche dem Evangelischen Pressedienst (epd) nach einer Bosnien-Reise. "Der verfasste bosnische Islam mit seiner fast 600-jährigen Tradition kann ein wunderbares Modell für Europa sein."
Zur kirchenähnlichen Struktur des bosnischen Islam gehörten etwa Internate und theologische Hochschulen mit großer Tradition, erläuterte Reinbold. "Vertreter der islamischen Glaubensgemeinschaft kränkt es, wenn europäische Politiker den Islam, auch in Bosnien, in erster Linie als Problem und nicht als Teil Europas wahrnehmen." Die heutige Islamische Glaubensgemeinschaft Bosnien-Herzegowina sei im frühen 20. Jahrhundert durch ein Statut der österreichisch-ungarischen Monarchie entstanden, mit dem Groß-Mufti in Sarajevo als religiösem Oberhaupt.
Golfstaaten wie Katar und Saudi-Arabien versuchten zwar, ihre Islam-Auslegung mit millionenschweren Investitionen etwa in Moscheebauten zu fördern. Der Groß-Mufti und die Muftis vor Ort seien jedoch sehr darauf bedacht, die bosnische Tradition gegen solche Einflussnahmen zu verteidigen, etwa indem sie nur Imame mit Lehrerlaubnis der bosnischen Gemeinschaft einstellten.
Von einer rückwärtsgewandten islamischen "Erweckung", vor der Beobachter seit mehreren Jahren warnen, sei zumindest in der Hauptstadt Sarajevo nichts zu spüren gewesen, sagte Reinbold. "Wenn Sie hier abends ein Glas Wein trinken gehen, fühlen Sie sich wie in einer mitteleuropäischen Großstadt."
Tatsächlich seien die bosnischen Religionsvertreter stolz darauf, dass Synagogen in ihrem Land nicht von der Polizei beschützt werden müssten. Auch seien sie sehr interessiert am interreligiösen Austausch mit Christen und Juden.