Alexander Muth ist eine ehrliche Haut, und das bringt es mit sich, dass er ziemlich witzige Geschichten erzählen kann, etwa über seinen vorigen Beruf. Muth hat jahrelang bei der Sparkasse in Mittelhessen gearbeitet. Er führte als einzige Kraft kleine Filialen auf dem Land. Muth sagt: "Ich hab’s geliebt als Bankkaufmann. Jeden Tag kamen Leute, um sich zu unterhalten. Manche hatten sonst auch einfach niemanden." Er habe viel Persönliches erfahren, sagt Muth. "Bei der Sparkasse habe ich zum Thema Seelsorge mehr gelernt als später im Theologiestudium an der Uni."
Trotzdem entschied sich Muth für einen Wechsel und für den Pfarrerberuf. Er selbst ist von seinem Elternhaus evangelisch geprägt. Beim Pfarrer
seines Heimatdorfs hatte er Religionsunterricht und wurde von ihm konfirmiert. Die beiden stehen bis heute in Kontakt. Nun liegt das Studium hinter Muth. Die praktische Ausbildung, das Vikariat, schließt er in diesen Wochen ab.
Sechs Monate als Vikar beim Militär
Als letzte Station des Vikariats hatte Muth sich für die Militärseelsorge entschieden. Denn er sagt: "Ich will Pfarrer für alle sein, weshalb ich es wichtig finde, auch zur Bundeswehr zu gehen." Sechs Monate verbrachte er am Standort Bruchsal. Muth hatte keine Berührungsängste mit der Truppe, sagt er. Er hätte sich vorstellen können, selbst zu dienen, verweigerte dann aber. Denn es gab ein Problem, wie er offen zugibt: "Ich hatte immer viel Heimweh. Hätte man mir damals eine heimatnahe Verwendung garantiert, etwa Stadtallendorf, wäre ich wohl zur Bundeswehr gegangen. Ich war einfach ein Weichei und wollte nicht weg von zu Hause."
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagt Muth: "Heute würde ich wohl nicht wieder verweigern. Gerade in der aktuellen Situation finde ich den Dienst der Soldaten und Soldatinnen für unser Land total wichtig." Muth sagt aber auch, dass er seinen Zivildienst damals im Krankenhaus ebenso als "Dienst fürs Vaterland" empfinde.
Fragen nach Leben und Tod
Als er im Winter am Standort Bruchsal ankam, habe ihn die "Offenherzigkeit" der Soldaten und Soldatinnen überrascht. "Ich hatte so ein ungefähres Bild von Soldaten, das sich nicht bestätigt hat", sagt Muth. Er habe alles strenger erwartet. "Natürlich herrschen Disziplin und Ordnung, das muss auch sein, aber ich wurde so freundlich empfangen, habe so gute Antworten auf meine Fragen bekommen. Ich habe mich willkommen gefühlt, damit hatte ich nicht gerechnet."
Muth hat die evangelische Militärseelsorgerin Sandra Mehrl vielfältig unterstützt: Er hat das Bibelfrühstück gestaltet, bei dem über eine Bibelstelle gesprochen, gemeinsam gesungen und dann gemütlich gefrühstückt wird. Bei diesem Angebot und auch bei Gottesdiensten war Muth positiv über die vielen Teilnehmenden überrascht. "Zu Weihnachten war es am Standort beim Gottesdienst noch voller als in der Dorfkirche", sagt er. Und zum Bibelfrühstück kamen rund 20 Soldatinnen und Soldaten. Das rege Interesse an den Angeboten der Militärseelsorge erklärt sich Muth zum einen mit der positiven Präsenz von Standortpfarrerin Mehrl. Zum anderen vermutet er: "Vielleicht liegt es auch am Soldatenberuf, dass einen Fragen nach Leben und Tod beschäftigen."
Sandra Mehrl bei einer Rüstzeit
zur Nachsorge der Amtshilfe.
Bei einer Rüstzeit zur Nachbereitung der Amtshilfe lässt sich beobachten, wie gut Pfarrerin Mehrl und Vikar Muth im Tandem zusammenarbeiten. Mehrl führt das Wort, lässt die Soldaten und Soldatinnen von ihren Erfahrungen berichten, moderiert. Und Muth hakt hin und wieder ein, wenn es sich
ergibt, stellt beispielsweise eine Frage, die weiterführt.
Wehmut und Vorfreude
Nach zwei Besuchen des Vikars hat man den Eindruck, er könnte direkt eine Pfarrstelle in der Militärseelsorge übernehmen. Alexander Muth zieht es aber vorerst zurück in eine zivile Gemeinde. "Etwas Wehmut" bereite ihm der Abschied von der Truppe, sagt Muth, er habe eine tolle Zeit gehabt und wäre gerne noch länger geblieben. Andererseits freue er sich auf seine neue Stelle in einer Gemeinde.
Bei der Ordinationsfeier, also der kirchlichen Amtseinführung als Pfarrer, wird Alexander Muths ehemaliger Heimatpfarrer dabei sein. Muth hat zu diesem besonderen Tag auch Soldaten und Soldatinnen vom Standort Bruchsal eingeladen. Er sei gespannt, wer dann komme, sagt der Vikar. Und dass er sich freue, wenn die Gäste aus der Kaserne in Uniform erscheinen.
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