Schwerbewaffnete vermummte Gestalten dringen in ein Haus ein. Ein Vater kann gerade noch seinen kleinen Sohn in Sicherheit bringen, dann wird er niedergeschlagen. Auch der anschließende Vorspann mit seinen dokumentarischen Urlaubsbildern aus den 90ern erfüllt nur scheinbar die Erwartungen, die der Titel weckt. Natürlich spielen die Ausschweifungen eine Rolle, schließlich haben die Deutschen die Balearen-Insel damals kurzerhand zum siebzehnten Bundesland erklärt, um hier all’ das ausleben zu können, was sie sich daheim allenfalls beim Karneval getraut haben, aber darum geht es in den sechs Episoden nur am Rande.
Zentrale Figur ist ein Mann aus dem Ruhrgebiet, der von Freiheit und Abenteuer träumt. Stattdessen fristet Matthias Adler (Henning Baum) ein unerquickliches Dasein als Autoverkäufer, bis ihm ein Bekannter im Herbst 1989 ein Angebot macht, dass er nicht ablehnen kann: Ralf (Sönke Möhring) führt auf Mallorca eine offenbar florierende Strandbar; er will Matti als Manager einstellen. Der vereinbart mit Gattin Sylvie (Sandra Borgmann), erst mal die Lage zu sondieren; wenn sich die Sache lohnt, soll sie mit den beiden Kindern nachkommen.
"Ralle’s Rutsche" ist tatsächlich eine Goldgrube, schließt jedoch pünktlich um 20 Uhr, wenn der Rubel richtig zu rollen beginnt, damit die Kundschaft in die Discos wechselt. Als Matti die Vorgabe eines Abends ignoriert, ist am nächsten Morgen das Inventar zerschlagen. Er findet raus, dass Ralf bloß einer von vielen Strohleuten eines Mannes ist, der die Gastronomie dominiert wie kein anderer; und mit etwaigen Konkurrenten pflegt Manuel Díaz (David Lifschitz) kurzen Prozess zu machen.
Weil sich ein Westfale von Natur aus nicht unterkriegen lässt und Matti zudem ahnt, dass der Mauerfall eine ostdeutsche Reisewelle auslösen wird, trotzt er der Party-Mafia, pachtet ein heruntergekommenes Etablissement und eröffnet den "Bieradler". Um die nötige Abschlagszahlung aufbringen zu können, hat er hinter dem Rücken der schockierten Gattin das gemeinsame Eigenheim in Dortmund verkauft; "Der König von Palma" ist auch ein Ehedrama, selbst wenn Sylvie ihren Mann schließlich doch noch unterstützt.
Eigentliche weibliche Hauptfigur ist allerdings Bianca Bärwald, denn sie erzählt die Geschichte; Pia-Micaela Barucki ist ein erheblicher Grund, sich die Serie anzuschauen. Die als Rückblende konzipierte Handlung beginnt im Sommer 1990. Bianca ist zum ersten Mal in den europäischen Süden gereist und will nie wieder an den Balaton. Sie ist derart begeistert vom Lebensgefühl auf der Balearen-Insel, dass sie ihre Freundin Annet (Kristina Dörfer) kurzerhand allein wieder heimfliegen lässt.
Außerdem hat sie sich in einen vermeintlichen Einheimischen verliebt. Dieser "Fernando" (Malik Blumenthal) heißt in Wirklichkeit Friedemann und ist im Auftrag von Díaz als "Lover Boy" unterwegs. Er verschafft Bianca eine Anstellung in einer von Díaz’ Discos, aber als sie sich weigert, den Kunden nicht bloß als Kellnerin zu Diensten zu sein, ist sie den Job prompt wieder los. Am Strand trifft sie Matti, dem sie mit ihrer Leipziger Herzlichkeit schon in der Strandbar spontan als Bedienung ausgeholfen hat; und jetzt geht die Sache im Grunde erst richtig los, denn Lokalmatador Díaz versucht mit allen Mitteln, dem deutschen Mitbewerber das Leben so schwer wie möglich zu machen.
In dieser Auseinandersetzung liegt der Kern der Geschichte: Draußen feiern die Menschen rund um die Uhr Party, hinter den Kulissen tobt ein mit Erpressung, Korruption und Gewalt geführter erbitterter Konkurrenzkampf. In das maßgeblich von Veronica Priefer als Chefautorin und Produzent Johannes Kunkel verfasste Drehbuch sind viele Insider-Informationen über die damals auf Mallorca herrschende Goldgräberstimmung eingeflossen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der Titel der Serie erinnert an "Der König von Mallorca", ein Lied von Jürgen Drews. Der Schlagersänger wirkt jedoch gar nicht mit. Gleiches gilt zumindest anfangs auch für die anderen Gestalten, die es mit Ballermann-Gesängen zu zweifelhaftem Ruhm gebracht haben. Später wird allerdings noch Costa Cordalis auftreten, der von seinem Sohn Luca verkörpert wird. Es erklingt zwar selbstredend jede Menge Musik aus den Neunzigern, weil sich ein Gefühl für bestimmte Zeitläufte auf diese Weise am einfachsten wecken lässt, aber das sind größtenteils internationale Hits.
Regie führte Damian John Harper; seine letzte Arbeit war das für ProSieben entstandene Drogen-Drama "9 Tage wach" mit Jannik Schümann. Die Bildgestaltung der RTL-Serie ist optisch bei weitem nicht ähnlich fulminant, wirkt aber ebenfalls sehr aufwändig, zumal das mediterrane Licht regelrecht betörend ist.
Auf der akustischen Ebene hat die auch aufgrund ihres Handlungs- und Wendungsreichtums äußerst kurzweilige Serie allerdings einen nicht unerheblichen Schönheitsfehler: Bianca fasst die Ereignisse im Rahmen einer polizeilichen Befragung zusammen, weshalb aus dem Off immer wieder ihre Erläuterungen zu hören sind, aber leider ist Barucki, deren Dialoge vor der Kamera so spontan und natürlich wirken, keine gute Sprecherin. RTL zeigt die Serie in Doppelfolgen heute sowie Montag und Dienstag 20.15 Uhr.