Hier können Sie die neue Folge "Was mich bewegt" zum Thema "Denkmal" hören.
Im Gespräch mit Tobias Glawion, dem Chefredakteur des Evangelischen Medienhauses Stuttgart, erklärt die frühere Landesbischöfin und EKD-Ratsvorsitzende, welche Denkmäler für sie gute und weniger gute sind: "Wenn es mich anregt zum Nachdenken, dann finde ich es gut. Wenn es dazu dient, Krieg zu verherrlichen oder auch Menschen, die ich problematisch finde mit ihrer Biografie, dann werden Denkmäler auch leicht zum Ärgernis." Und: "Wenn jemand verehrt wird für seine Lebensleistung – und da nehme ich jetzt mal Martin Luther King, da finde ich das natürlich im positiven Sinne gut – und dann gibt es einen Ort, wo Menschen seiner gedenken können oder daran erinnert werden, was er geleistet hat.".
Zur Frage, ob problematische Denkmäler entfernt werden sollten, meint die evangelische Theologin: "Ich finde, das kann nicht pauschal entschieden werden. Wenn in einem Ort eine Diskussion um ein Bismarck-Denkmal entsteht und die Menschen anfangen nachzulesen, zu schauen, was ist eigentlich die Bedeutung Bismarcks, welche Rolle hatte er, was hat er bedeutet auch für Deutschland heute, die deutschen Lande und was war seine Verantwortung in Kriegsfragen, dann ist erstmal so eine Diskussion gut. Das finde ich immer richtig. Alle lernen etwas dazu und es ist historisch auch richtig. Und dann zu sagen: Ja, wir erweitern das durch eine Tafel, in der wir das erklären – das finde ich akzeptabel."
Auch zu Martin Luther bezieht Margot Käßmann Stellung: Er habe "wesentlich beigetragen […] zur deutschen Sprache, er hat die Reformation in Gang gesetzt, er hat wirklich Großes geleistet. Aber wir können nicht anders, als zu sagen, er war Antijudaist und ja sogar auch Antisemit. Dann könnte man sagen: Gut, das war in seiner Zeit fast jeder und jede. Aber entschuldigt das sein Handeln? Und wenn wir heute den Einfluss sehen, den er hatte, könnten wir das auch in Frage stellen. Also insofern verstehe ich, dass es um ihn eine Diskussion gibt. Mir liegt er natürlich auch am Herzen, weil ich Lutheranerin bin, aber ich finde, diese Diskussion muss auch tatsächlich geführt werden."
Zur Diskussion um die "Judensau" an der Kirche in Wittenberg sagt Käßmann: "Ich hab’ damals gedacht, das ist eigentlich eine sinnvolle Lösung, es dazulassen, das Relief, aber unten drunter dieses Mahnmal zu haben. Aber dann kamen immer mehr jüdische Menschen, die gesagt haben, es ist für sie unerträglich, das zu sehen. Das ist eine solche Anfeindung, das ist eine solche Verächtlichmachung – das sollte es ja auch sein. (...) Und seitdem ich mit zwei, drei von denen gesprochen habe, ist mir klar, das darf eigentlich nicht bleiben. Wenn jemand davon so verletzt und so betroffen ist – was ich auch nachvollziehen kann, es war eine Schmähskulptur, eine erniedrigende Skulptur und ist es noch heute – dann muss das Ding eigentlich abgebaut werden, ins Museum und historisch erklärt werden, sowas gab es in Deutschland, aber sowas gibt es heute nicht mehr."
Zu Fluchtbewegungen in Kriegszeiten meint die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende: "Ich würde gern ein Denkmal errichten für diese wackeren Frauen, die mit ihren Kindern auf die Flucht gehen. Das sind schon die Geschichten meiner Familie, dass die Frauen dann mit den Kindern sich durchschlagen, zum Teil vergewaltigt werden, Hunger leiden und alles tun, um ihre Kinder zu schützen. Ich denke an die Geschichte einer afghanischen Frau, die ich kürzlich gelesen habe, die dann erfroren ist, weil alles, was sie anhatte, hat sie dann um ihre Kinder gehüllt, die tatsächlich gerettet werden konnten."
evangelisch.de dankt dem Evangelischen Medienhaus in Stuttgart für die Kooperation.
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