Hier stehen Bibel, Koran und Thora-Rolle nebeneinander, hier kann man eine fast 1.000 Jahre alte Riesenbibel umblättern und in den Spiegel blicken und dabei Fragen von heute mit Stellen aus der Bibel beantworten. Moderne und Altertum wollten die Macher des ersten Bibelmuseums in Bayern verbinden. Die neue Einrichtung im Lorenzer Hof im Zentrum Nürnbergs gegenüber der Lorenzkirche öffnet ihre Türen am heutigen Freitag (8. April).
Träger der neuen Einrichtung ist das Bibelzentrum Bayern. Dessen Verwaltungsratsvorsitzender Stefan Ark Nitsche verwies am Donnerstag bei der Vorstellung des Museums darauf, dass es in Zeiten wissenschaftlichen, gesellschaftlichen oder philosophischen Umbruchs nötig sei, die Bibel zu entstauben und ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen.
Für den evangelischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm ist das Bibelmuseum ein wichtiges Zukunftsprojekt der Kirche. Es sei seine große Hoffnung, "dass dieses Bibelmuseum einen wichtigen Beitrag leisten kann, die Bibel wieder ins Gespräch zu bringen, über sie zu diskutieren, um die richtigen Auslegungen zu ringen und ihre Inhalte als Quelle von Kraft und Orientierung neu zu entdecken". Gerade jungen Menschen und Schulklassen werde die moderne Museumspädagogik helfen, den Zugang zur Bibel neu zu öffnen, so der Bischof.
Bedford-Strohm: Museum ist Zukunftsinvestition
Heinrich Bedford-Strohm hält es für eine "echte Zukunftsinvestition", in die zeitgemäße Vermittlung der Bibel zu investieren. Bei der Eröffnung sagte der Landesbischof in seiner Festansprache, es würde eine wichtige Kraftquelle für ein Land versiegen, wenn die Bibel ins Private verbannt würde.
Die Bibel habe eine Grundkonstante, die nicht dem Wechsel der Zeiten unterworfen sei, so Bedford-Strohm. Ihr Inhalt sei nicht beliebig, sie sei "kein Steinbruch, aus dem sich jeder die Texte heraushauen kann, wie sie ihm ins Konzept passen". Er nannte als Beispiel das biblische Wort "sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen" (Micha 4,3). Die Sowjetunion habe 1959 den Vereinten Nationen die Bronzeskulptur "Schwerter zu Pflugscharen" geschenkt. "Die Skulptur ist heute ein eindringlicher Appell an die Nation, die sie gestiftet hat, endlich die Waffen schweigen zu lassen."
Das "Bibel Museum Bayern" mit 450 Quadratmetern Ausstellungsfläche hat 2,4 Millionen Euro gekostet. Davon übernehme die bayerische evangelische Landeskirche 1,6 Millionen Euro, teilte Nitsche mit. Der jährliche Unterhalt werde sich auf 600.000 Euro belaufen. Man rechne in Zeiten nach der Corona-Pandemie mit rund 20.000 Besucher:innen pro Jahr.
Highlight der Ausstellung ist die digitale Gumbertusbibel. Mit Maßen von 67 mal 45 Zentimetern und dem Gewicht von 40 Kilogramm gehört sie zur Gattung der "Riesenbibeln". Die erste sogenannte Daumenbibel, die Wilkinbibel oder die Miniatur der Skulptur "Schwerter zu Pflugscharen" des ukrainischen Künstlers Jewgeni Wiktorowitsch Wutschetitsch sind überraschende Exponate.
Anspruchsvoll ist der Media-Guide des Museums, mit dem man sich in 30 Minuten durch die Räume führen lassen kann, aber auch über 50 vertiefende Stationen in Deutsch, Englisch und Italienisch hören kann. Eine Kinderspur und eine Spur in Gebärdensprache sind integriert.
Führungswechsel zum Start
Zur Eröffnung des Museums hat es einen wichtigen personellen Wechsel bei der Einrichtung gegeben. Sie habe jetzt zehn Jahre Pionierarbeit geleistet, nun sei sie glücklich, etwas Bleibendes geschaffen zu haben, sagte die bisherige Direktorin des Bibelmuseums Bayern, Claudia Harders. Sie übergab den Schlüssel der Einrichtung an Astrid Seichter, ihre bisherige Stellvertreterin und Leiterin der museumspädagogischen Abteilung.
Eine erste Sonderausstellung ist dem Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Spengler (1479 bis 1546) gewidmet. Dessen Beispiel zeige, so Seichter, welchen Unterschied das Engagement eines einzelnen Menschen bedeuten könne. "Er zieht die notwendigen politischen Strippen und ist ein engagierter Laientheologe, der ein eigenes Glaubensbekenntnis verfasst." Seine Bedeutung für die Reformation habe sogar Martin Luther anerkannt.
Land: Kaum besserer Zeitpunkt für Eröffnung
Der zur Eröffnung verhinderte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte, nach den Krisen der vergangen Zeit und angesichts des Kriegs in der Ukraine könne es kaum einen besseren Zeitpunkt für die Eröffnung eines Bibelmuseum geben. Aber auch die aktuelle Krise der Kirche sei ein Grund, "den Zellkern des Glaubens neu zu entdecken".
Der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (FW) sagte in einer Video-Botschaft, das neue Museum sei "ein großartiges Angebot in der bayerischen Bildungslandschaft". Es sei ein neuer Leuchtturm in der Vermittlung des Glaubens.