"Nach der quälend langen politischen Diskussion konnte sich der Deutsche Bundestag nicht einmal zu der Minimallösung einer Impfpflicht ab 60 Jahren durchringen", erklärte der Präsident des Wohlfahrtverbandes, Ulrich Lilie, am Donnerstag in Berlin. Damit sei eine Chance verpasst worden. Lilie sprach sogar von "Politikversagen".
Den Preis würden die Vorerkrankten, Hochaltrigen, unter Isolation leidenden Kinder und alle anderen bezahlen, "die auf die Solidarität ihrer Mitmenschen angewiesen sind", sagte Lilie. Auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen würden in doppelter Weise im Regen stehen gelassen. "Zum einen bleibt die einrichtungsbezogene Impfpflicht ohne eine allgemeine Verpflichtung Stückwerk und zum anderen werden sie spätestens im Herbst wieder mit steigenden Corona-Fallzahlen zu kämpfen haben", sagte er.
Der Bundestag hat am Donnerstag mit überraschend deutlicher Mehrheit eine Ausweitung der Corona-Impfpflicht, die seit März für das Personal im Gesundheitswesen und in der Pflege gilt, abgelehnt. 378 Abgeordnete stimmten gegen, 296 für eine Impfpflicht ab 60 Jahren, wie sie ein zuletzt in den Regierungsfraktionen gefundener Kompromiss vorgesehen hätte. Lilie hatte sich in der Debatte für eine Impfpflicht ab 18 Jahren ausgesprochen. Von dieser Altersgrenze hatte sich die Gruppe der Befürworter schon Anfang der Woche verabschiedet, weil eine Mehrheit dafür nicht absehbar war.