Frau Plate, was denken Sie, wenn Sie leere Regale in den Supermärkten sehen?
Karin Plate: Ich wundere mich und frage mich, ob wir seit dem Corona-Lockdown nichts dazu gelernt haben. Damals haben die Menschen ebenso irrational reagiert und mussten dann feststellen, dass doch im Grunde immer alles da war. Wir leben auf einer Insel der Glücksseligen. Hunger leiden - das kennen wir seit nunmehr fast 80 Jahren gar nicht mehr.
Und die vielzitierte Angst vor Lebensmittel-Knappheit durch den Ukraine-Krieg?
Plate: Wir sollten uns vor Augen führen, dass 90 Prozent unser Lebensmittel von hier kommen. Wenn das Sonnenblumenöl alle ist, greifen wir halt zum Rapsöl, das wird hier produziert. Das gleiche gilt für Reinigungsmittel. Ich bin immer fassungslos, wenn ich all diese Mengen verschiedener Putzmittel sehe - und dann noch in Plastikflaschen. Seife, Essig, etwas Zitrone, das reicht doch völlig als Grundreinigung für einen normalen Privathaushalt.
Heißt das, wir kaufen viel zu viel und brauchen eigentlich viel weniger?
Plate: Ja. Jedem, der Angst vor Lebensmittel-Knappheit hat, empfehle ich einen Blick in den Küchenschrank. Da gibt es sicher einiges, aus dem sich eine leckere Mahlzeit bereiten lässt. Nicht umsonst hieß es früher: Not macht erfinderisch. Wir müssen nicht immer erst das Rezept raussuchen und dann einkaufen. Wir können auch mal umgekehrt schauen: Was habe ich da? Das aber braucht Kreativität und Wissen. Dieses Wissen, wie man kocht, welche Nährwerte in den Lebensmitteln stecken, welche Zutaten harmonieren, was wann geerntet wird, ist leider bei vielen Menschen verlorengegangen. Wir vom Landfrauenverband fordern deshalb seit Jahren das Schulfach Hauswirtschaft.
"Kartoffeln halten im Kühlschrank bis zu vier Wochen"
Was gehört für Sie zu einem vernünftigen Vorrat?
Plate: Bei mir dürften Kartoffeln als Grundnahrungsmittel nicht fehlen. Dunkel und kühl gelagert, zum Beispiel in einem Steingutgefäß mit Löchern oder auch im Kühlschrank, halten sie sich bis zu vier Wochen. Ich kann aus Kartoffeln so viel machen: Suppe, Pellkartoffeln, Bratkartoffeln, eine Beilage zum Menü - sogar Torte und Brot lässt sich daraus zaubern.
Und was findet sich noch in Ihrem Vorrat?
Plate: Zwiebeln, Möhren, Lauch, Sellerie halten sich ebenfalls im Kühlschrank gut und sind gesund. Eier habe ich immer da. Und Quark, perfekt als Grundlage für ein Dessert oder als herzhafte Variante. Und natürlich einen Dosen-Vorrat. Sauerkraut zum Beispiel. Das hat viel Vitamin C. Die Seefahrer wussten schon, warum sie das mitnahmen. Wer einen Gefrierschrank hat, kauft einfach Tiefkühl-Obst und -Gemüse ein. Und wer seine Mahlzeiten verfeinern will, kann Brennnesseln nutzen. Auch sie enthalten viel Vitamin C. Oder Sie ziehen Kräuter auf der Fensterbank, nehmen Tiefkühlkräuter oder streuen die Blüten von Hornveilchen oder Gänseblümchen, die jetzt überall blühen, über den Salat.
"Planung spart Ressourcen und Geld"
Es gibt aber Single-Haushalte, in denen sich fast nicht Essbares befindet, weil die Menschen es gewohnt sind, den Lieferdienst zu rufen oder auswärts zu essen.
Plate: Ich denke, eine vernünftige Vorratshaltung liegt zwischen diesen beiden Extremen - gar nichts vorrätig haben oder sinnlos hamstern und am Ende alles wegwerfen, weil es verdorben ist. Die Menschen sollten sich einen Plan machen für einen Monat oder zumindest eine Woche. Sie sollten sich mal eine Viertelstunde hinsetzen und sich Gedanken machen, was sie essen wollen, worauf Sie Appetit haben, wer alles mitisst. Vielleicht kochen Sie eine paar Portion mehr und frieren sie für einen anderen Tag ein. So eine Haushaltsplanung spart Ressourcen und Geld - allein schon, weil man nicht dauernd einkaufen muss.