"Wahre Protestanten" orientierten sich an christlichen Werten, zeigten Haltung und übernähmen Verantwortung, sagte Wüst am Dienstagabend in Pirmasens. Bei einem Vortrag in der Lutherkirche im Rahmen der landeskirchlichen Wanderausstellung "Protestanten ohne Protest" sprach sie über das Thema "Protest und Verantwortung".
Die evangelische Kirche müsse nicht nur ihr Versagen in der NS-Zeit weiter aufarbeiten, appellierte die Kirchenpräsidentin. Damals habe diese zu wenig gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten, vor allem den Judenmord, getan und habe sich damit schuldig gemacht. Auch heute sei die Kirche vor schwierige Aufgaben gestellt, denen sie sich im Wissen um ihre eigene Fehlbarkeit und ihre Grenzen stellen müsse.
Der Ukraine-Krieg zeige das Dilemma für Christinnen und Christen auf, dass jede Entscheidung mit Schuld verbunden sei, sagte Wüst. Im Zentrum der christlichen Friedensethik müsse weiter stehen, dass "Krieg nach Gottes Willen nicht sein darf". Schwierig zu beantworten sei die Frage, ob es ethisch vertretbar sei, den Ukrainern Waffen zur Selbstverteidigung zu liefern. Dadurch könne eine Gewalteskalation gefördert werden. Hier gelte es zu denken, fragen und zu prüfen, sagte die Kirchenpräsidentin.
Die Landeskirche habe eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die in den Gemeinden nach belastendem Erbe aus dem Nationalsozialismus forsche, informierte Wüst. Alles solle in den Blick genommen werden, "was zu Zeiten normal war, aber aus heutiger Sicht unerträglich ist", sagte Wüst. Die Ergebnisse würden in einer Datenbank veröffentlicht, die "immer offen für die Fehlgriffe aller Zeiten" sein solle.
Vor der protestantischen Kirche in Herxheim am Berg solle zudem ein Erinnerungsort gestaltet werden, sagte die Kirchenpräsidentin. Deren einst Adolf Hitler gewidmete Glocke im Turm sei "ein Mahnmal für das Böse, das man Menschen antun kann".