Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zeigte sich bestürzt über den russischen Angriff auf die Ukraine. "Es sind Fassungslosigkeit, Trauer und Zorn, die mich an diesem Morgen bewegen", schreibt Bedford-Strohm auf seiner Facebook-Seite. Dass Russlands Präsident Wladimir Putin in der Nacht den Angriffsbefehl gegen die Ukraine gegeben hat, "ist nicht nur ein eklatanter Bruch des Völkerrechts", sondern auch ein Vertrauensbruch gegenüber allen, "die in den letzten Monaten mit ihm verhandelt haben", so der Theologe und Kopf der bayerischen Landeskirche.
Bedford-Strohm schreibt weiter, er hoffe darauf, dass die Weltgemeinschaft jetzt mit einer Stimme sprechen und das Vorgehen einhellig verurteilen wird: "Wirksame Sanktionen werden folgen." Seine Gedanken seien vor allem bei den Menschen in der Ukraine. Er denke "an Bischof Pavlo Shvartz, mit dem ich mich letzte Woche noch über die Situation ausgetauscht habe, und die Menschen in seinen Gemeinden". Und er denke an alle in der Ukraine, "deren Leben und Existenz jetzt gefährdet ist". Er könne seine Ohnmacht "jetzt nur vor Gott bringen".
In Berlin protestierten am Donnerstag an verschiedenen Orten Menschen gegen die Angriffe russischer Truppen auf die Ukraine. Vor dem Kanzleramt demonstrierten am Nachmittag rund 1.000 Menschen, darunter zahlreiche Exil-Ukrainer, die die blau-gelbe Flagge schwenkten. Auch vor der ukrainischen und der russischen Botschaft sowie vor dem Brandenburger Tor versammelten sich Menschen aus Protest gegen die Invasion Russlands.
Die Kirchen in der Hauptstadtregion hatten zu Friedensgebeten aufgerufen. Der evangelische Bischof Christian Stäblein erklärte: "Wir beten um Frieden in der Ukraine, in Europa." Krieg bringe Unrecht, Leid und Tod. "Der Angriff Russlands auf die Ukraine erschüttert uns in unseren Grundfesten", sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).
Jung: Angriff auf Ukraine ist entsetzlich
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung rief die evangelischen Gemeinden dazu auf, angesichts des russischen Angriffs "von heute an und in den nächsten Tagen um zwölf Uhr die Glocken zu läuten und für den Frieden zu beten". Das Läuten der Glocken sei ein "Aufruf, innezuhalten persönlich zu beten". Es sei auch gut, wenn zur Mittagszeit oder auch zu anderen Zeiten, in Friedensandachten gemeinsam gebetet werde, heißt es in einer Presseerklärung der Landeskirche. Zur Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) gehören rund 1.100 Gemeinden mit 1,4 Millionen Mitgliedern zwischen Biedenkopf und Worms.
Nach Jungs Worten ist der militärische Angriff der russischen Regierung "entsetzlich und versetzt viele Menschen in große Angst." Die Folgen seien nicht absehbar: "Ich unterstütze alle Appelle an die russische Regierung, die militärischen Aggressionen sofort zu beenden und die Truppen abzuziehen. Für alle, die jetzt politisch zu entscheiden haben, bitte ich um Besonnenheit und den Willen, Eskalationen zu vermeiden und Wege des Friedens zu suchen und zu gehen. Krieg bringt schreckliches Leiden und Not über Menschen. Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein."
Bereits zu Beginn der Woche habe Jung um Solidarität mit den Menschen in der Ukraine gebeten. "Die Entwicklungen in der Ukraine sind erschreckend. Meine Gedanken sind bei den Menschen, die jetzt in besonderer Angst sind – in der Ukraine und Osteuropa aber auch hier bei uns", so Jung. Krieg bringe immer "entsetzliches Leiden". Den mehr als 1,3 Millionen Binnenflüchtlingen würden im Kriegsfall nach Schätzungen weitere Millionen folgen. "Familien werden auseinandergerissen, Existenzen zerstört."
EKKW: Krieg schnellstmöglich beenden
Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) ruft angesichts des russischen Angriffs dazu auf, an die Menschen dort zu denken und um Frieden zu beten. Die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann bezeichnete die Lage als beängstigend. Es sei ein Krieg in Europa, den die Menschen nicht wollten und der Völkerrecht breche. Hofmann drückte am Donerstag in Kassel ihre Hoffnung aus, dass es der Weltgemeinschaft gelinge, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden und dafür zu sorgen, dass kein gesamteuropäischer Krieg oder ein Weltkrieg entsteht. Darum sei es wichtig, im Gespräch zu bleiben und diplomatische Wege zu suchen.
Hofmann ruft dazu auf, über die sozialen Medien, Demonstrationen und Friedensgebete an die Menschen in der Ukraine zu denken. Wie die EKKW informiert, wird es am Freitag, 25. Februar, ab 18.30 Uhr in der Stiftskirche in Wetter im Kirchenkreis Kirchhain auch eine Friedensandacht mit der Bischöfin geben. Die Andacht werde auf der Internetseite der Landeskirche unter ekkw.de live übertragen. Dort soll es auch eine Gebetswand geben, auf der persönliche Gedanken hinterlassen werden können.
Latzel: Glockenläuten gegen "Logik der Gewalt"
Der rheinische Präses Thorsten Latzel rief zu Friedensgebeten und Glockenläuten auf. "Unsere Gebete und Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine, die den verheerenden Gewaltakten ausgesetzt sind", schrieb der leitende Theologe am Donnerstag in einem Brief an die 643 rheinischen Gemeinden. Mit dem Läuten der Kirchenglocken solle am Donnerstag und am Freitag gemeinsam ein hörbares Zeichen gegen den Krieg gesetzt werden. Zudem sollten die Kirchen offengehalten werden.
Latzel äußerte sich erschüttert darüber, dass sich trotz der intensiven diplomatischen Bemühungen und der vielen Gebete "die Logik der Gewalt" durchgesetzt habe. In Europa herrsche wieder Krieg. "Dieser Krieg zerstört das Leben vieler Menschen". Unter der Führung von Präsident Putin habe die Russische Föderation völkerrechtswidrig die Ukraine angegriffen. Nun träfen Ohnmacht und Fassungslosigkeit mitten hinein in die Zeit des Karnevals, die eigentlich im Zeichen der Ausgelassenheit und Freude stehen sollte.
Latzel appellierte an die rheinischen Gemeinden sowie an alle Christ:innen der Evangelischen Kirche im Rheinland, im Gebet und Engagement für die Menschen in der Ukraine nicht nachzulassen.
Bischof Adomeit: Kriege kennen nur Verlierer
Auch die Kirchen in Niedersachsen rufen angesichts der Angriffe russischer Streitkräfte zu Gebeten und Glockengeläut für den Frieden auf. "Es ist ein dunkler Tag für Europa, vor allem für die Menschen in der Ukraine", sagte der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Bischof Thomas Adomeit, am Donnerstag. Die Konföderation rufe alle Kirchengemeinden in Niedersachsen auf, mit Friedensgebeten und Glockengeläut ihre Solidarität mit den von Kriegshandlungen betroffenen und bedrohten Menschen zu zeigen.
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte in der Nacht zu Donnerstag einen militärischen Angriff auf die Ukraine befohlen. Seit dem frühen Donnerstagmorgen gibt es laut Medienberichten Angriffe überall im Land. "Viele Menschen werden ihr Leben verlieren - durch Krieg in Europa. Das ist eine unerträgliche Vorstellung", sagte Adomeit, der auch Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg ist. "Alle Beteiligten wissen, dass ein Krieg nur Verliererinnen und Verlierer kennen wird, da Gewalt nie eine Lösung sein kann. Gewalt wird immer nur wieder neue Gewalt hervorrufen."
Adomeit appellierte an die Gemeinden, am Freitag (25. Februar) um 18 Uhr zu Friedensgebeten mit Glockengeläut einzuladen. So wollten die Kirchen ein weithin vernehmbares Signal gegen Krieg und für den Frieden setzen. Für alle, die angesichts der schrecklichen Nachrichten Trost suchen, könnten die Friedensgebete und Andachten ein Ort der Begegnung sein verbunden mit der Hoffnung, "in aller Sprachlosigkeiten Worte zu finden und zu jeder Zeit ein Gegenüber zu haben - Gott sei Dank", sagte der Bischof: "Im Gebet sind wir verbunden mit vielen Christinnen und Christen in Niedersachsen, deutschlandweit und auch weltweit."
Bischof July appelliert an orthodoxe Kirchen
Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, rief angesichts des Angriffs Russlands insbesondere die orthodoxen Kirchen zu verstärkten Friedensbemühungen auf. Alle Christen sollten für den Frieden beten, schreibt July in einem am Donnerstag in Stuttgart veröffentlichten Appell. Die Landeskirche sei erschüttert über den Angriff und bete für die Menschen, die "in all dies Schreckliche" verwickelt seien. "Wir hoffen und beten, dass noch Vernunft einkehren möge, ein Stopp der Angriffe erfolgt, eine Umkehr zum Frieden." Nie habe man sich vorstellen können, dass noch einmal ein Krieg in Europa begonnen werde.
Mit einer gemeinsamen Friedensandacht für die Ukraine begann am Donnerstag die digitale Landessynode der evangelischen Nordkirche. Die Katastrophe, die viele befürchtet hätten, sei nun eingetreten, sagte Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt. "Das ist ein furchtbarer Tag für die Menschen in der Ukraine und für den Frieden in Europa." Sie appellierte an die politisch Verantwortlichen, humanitäre Hilfe zu ermöglichen und sich für den Frieden einzusetzen. "Gott gib Frieden! Sende deine Engel!" Sie bat alle Gemeinden und Einrichtungen der Nordkirche um Gebete für Frieden in der Ukraine und ganz Europa.
Aufruf zu "Lichtermeer für den Frieden"
Angesichts des russischen Angriffes auf die Ukraine rief die Bremische Evangelische Kirche zu einer öffentlichen Friedensandacht am Freitag (25. Februar) auf dem Marktplatz der Hansestadt auf. "Wir sind heute morgen im Krieg aufgewacht. Mit dieser Invasion und dem Bombardement bis fast an die polnische Grenze wird das Völkerrecht mit Füßen getreten", sagte der leitende Theologe der Kirche, Bernd Kuschnerus: "Lasst uns in einem Lichtermeer auf dem Marktplatz zum Frieden aufrufen."
"Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Menschen vor Ort, die in Angst sind und um ihr Leben bangen müssen", so Kuschnerus. Die Friedensandacht soll den Angaben zufolge um 17.30 Uhr beginnen. In ganz Bremen sollen dann die Glocken der Kirchen für den Frieden läuten.
Kirchenpräsident Liebig fordert Deeskalation
Unter dem Eindruck des russischen Angriffs mahnt der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, dringend zu weiteren Bemühungen um Deeskalation. "Die schlimmstmögliche Variante ist eingetreten, es gibt einen Krieg", sagte Liebig dem epd. Realistisch betrachtet gebe es keine Alternative zu Verhandlungen: "Wir müssen jetzt gerade als Europäerinnen und Europäer einschließlich Großbritannien sagen, wir möchten mit Russland und der Ukraine darüber verhandeln, wie wir zu einer neuen Friedensordnung kommen, denn die alte scheint nicht mehr tragfähig zu sein."
Der Kirchenpräsident ist Mitglied im seit Juli 2021 ausgesetzten deutsch-russischen "Petersburger Dialog". Er bezeichnete den russischen Angriff auf das Nachbarland auch als "Ausdruck innerer Schwäche". Das russische Vorgehen solle von innerer Zerrissenheit und Brüchen ablenken. Der Ukraine angesichts der Eskalation zu einer militärischen Reaktion zu raten, sei "absurd", so Liebig: "Wir müssen uns dafür nur die Größenverhältnisse vor Augen führen, wir haben es mit einer russischen Armee zu tun, die in den vergangenen Jahren gezielt modernisiert wurde und die allein durch die schiere Größe in der Lage ist, die nicht kleine Ukraine an die Wand zu spielen".
Liebig sprach sich Liebig für Sanktionen gegen Russland aus: Das Land sei "nur vordergründig in der Lage, Sanktionen längerfristig zu ertragen". Die Vorstellung, dass China die Folgen von Sanktionen abfangen werde, hält er angesichts der historischen Erfahrungen für nicht angemessen: "Insofern bin ich überzeugt, dass sie eine Wirkung haben werden."
Die Kirchen bemühen sich nach Liebigs Worten weiterhin um Gespräche mit ihren russischen Partnern. "Wir sind in vielerlei Hinsicht unterschiedlicher Meinung, machen aber das, was andere auch tun sollten und vielleicht im Moment nicht tun: Wir reden miteinander und versuchen zu verstehen, was gerade passiert." Russische Befindlichkeiten seien in den vergangenen Jahren "massiv unterschätzt" worden. Die Nato habe die Idee, eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa mit Russland zu entwickeln, nicht umgesetzt.
Vielmehr sei sie "mit einem gewissen Triumphalismus" davon ausgegangen, dass sie "bis an die Grenze des zerfallenen Sowjet-Reiches heranreichen" könne, sagte er unter Anspielung auf Pläne, die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen. "Das spielt eine Rolle bis heute, darauf basiert dieser Phantomschmerz", sagte Liebig. Darauf reagiere Russland nun in entsetzlicher Weise mit militärischen Mitteln.
Gemeinsame Erklärung in der Pfalz
Die Evangelische Kirche der Pfalz und das Bistum Speyer riefen gemeinsam zum Gebet für die Menschen in der Ukraine und für den Frieden im Osten Europas auf. "Krieg bedeutet Unheil und Tod. Krieg macht Frauen zu Witwen und Kinder zu Waisen. Krieg zerstört Häuser und treibt Menschen in die Flucht. Krieg ist niemals die Lösung", schreiben die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst und der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann in einer gemeinsamen Erklärung.
Die Christ:innen in der Pfalz und Saarpfalz seien in ihren Gefühlen, Gedanken und in ihrem Gebet bei den Menschen in der Ukraine, so Wüst und Wiesemann. Diese würden durch den russischen Angriff in große Not gestürzt." Die beiden leitenden Geistlichen fordern das sofortige Ende der Angriffe. "Durch den Angriff auf die Ukraine wird das Völkerrecht durch Russland in eklatanter Weise verletzt." Beide Kirchen laden täglich um 12 Uhr zu Friedensgebeten ein.