Ein Sammelband mit über 500 Jahre alten Flugschriften des Reformators Martin Luther (1483-1546) ist nach seiner Restaurierung in das Erfurter Augustinerklosters zurückgekehrt. Das in Schweinsleder gebundene Buch gilt als wichtiges Zeugnis für das Voranschreiten der Reformation in der Region. Die Beseitigung der Schäden sei durch die Düsseldorfer Walther und Erika von Dietrich - Dr. med. Elfriede Burger-Stiftung ermöglicht worden, sagte der Leiter der Bibliothek des Evangelischen Ministeriums, Michael Ludscheidt, in der thüringischen Landeshauptstadt.
Insgesamt versammle der Band 41 Schriften Luthers, beginnend mit dem Text "An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" von 1520. Dieser kurz "Adelsschrift" genannte Text werde seit dem 19. Jahrhundert zusammen mit den Traktaten "Von der Freiheit eines Christenmenschen" und "Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche" zur Gruppe der reformatorischen Hauptschriften zusammengefasst, erklärte der Erfurter Kirchenhistoriker Andreas Lindner, der auch Vorsitzender des Fördervereins der Bibliothek ist.
Wer im 16. Jahrhundert die Schriften zusammentrug, von denen 17 aus Erfurter Druckwerkstätten stammten, ist laut Ludscheidt nicht bekannt. Allerdings habe der Besitzer zahlreiche Randbemerkungen und Unterstreichungen hinterlassen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden nach seinen Angaben die etwa 400 Seiten von einem Erfurter Handwerker zu einem Buch gebunden.
1786 schließlich habe Johann Melchior Möller, Pfarrer an der Reglerkirche, den Band der Bibliothek im Augustinerkloster übergeben. Diese Bibliothek des Erfurter Pfarrerkonvents, des sogenannten Evangelischen Ministeriums, wurde 1646 gegründet. Sie umfasst etwa 60.000 Bände, davon 14.000 historische Bücher aus der Zeit vor 1850. Noch heute übergibt jeder Erfurter Pfarrer bei Dienstantritt ein Buch an die Bibliothek.
Mit Hilfe des seit 1997 bestehenden Fördervereins der Bibliothek könnten ein, manchmal auch zwei Bücher aus dem Bestand pro Jahr restauriert werden, sagte Ludscheidt. Für das jüngste Projekt seien 4200 Euro ausgegeben worden. Bisher konnten nach seinen Angaben gut 25 Bücher für etwa 60.000 Euro aufgearbeitet werden.
Für Lindner ist der Erhalt der Bestände eine Aufgabe, die über Generationen hinausreicht. Aber sie lohne sich, zeigte sich der Professor für Kirchengeschichte an der Universität Erfurt überzeugt - zumal die Restaurierung im konkreten Fall mit der Digitalisierung der Blätter einher gegangen sei. Die jungen Leute könnten die Schriften nun auch an ihrem Laptop studieren.
Zu entdecken gebe es dabei eine ganze Menge. Auf die "Adelsschrift" folgten 40 weitere Luther-Texte, alle in deutscher Sprache, die in ihrer Chronologie den theologischen Disput der Jahre 1520 bis 1524 auferstehen ließen. Auch die eigene Entwicklung des Reformators könne so nachvollzogen werden.