epd: Frau Bezold-Löhr, wie wirkt sich das Missbrauchsgutachten auf die Kirchenaus- und eintritte in der evangelischen Kirche aus?
Elfriede Bezold-Löhr: Was die katholische Kirche erschüttert, erschüttert auch immer die evangelische mit. Wir haben voraussichtlich in diesen Wochen vermehrt Austritte, weil Leute sich wütend von der Kirche verabschieden, ob sie evangelisch oder katholisch sind. Da wird wenig differenziert. Das ist aber nur ein Teil der Leute.
Treten im Moment auch Menschen in die evangelische Kirche ein?
Bezold-Löhr: Ich erlebe hier im Moment viele Anfragen von Menschen, die dabei sind, aus der katholischen Kirche auszutreten, aber nicht ohne Kirche sein wollen. So wie ich es wahrnehme, ist für viele das Missbrauchsgutachten der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich sehe auch viele andere Schmerzpunkte, wie die Rolle der Frauen. Und wenn da jemand zu mir kommt und mir sagt: "Sowas geht doch im 21. Jahrhundert nicht mehr!" - Dann stimme ich zu. Viele gehen nach langem Nachdenken und mit einem wehen Herzen. Ich freue mich für diejenigen, die kommen, dass sie einen Weg finden, wie es für sie mit ihrem Glauben weitergehen kann.
Was sind die nächsten Schritte für Menschen, die übertreten wollen?
Bezold-Löhr: Wer in der Eintrittsstelle anruft, hat schon länger darüber nachgedacht und möchte konkrete Informationen, wie es geht. Ich erkläre den Menschen, dass dazu zwei Schritte gehören: der Austritt beim Standesamt und der Eintritt entweder im Pfarramt am Wohnort oder hier bei mir in der Kircheneintrittsstelle. Es ist mir wichtig, dass die Menschen nach ihrem Austritt so rasch wie möglich einen Gesprächstermin bei mir bekommen. Manchmal ist es auch sehr spontan: Jemand tritt vormittags aus und kommt am Nachmittag schon mit den Unterlagen zu mir zum Gespräch. Ich habe nicht den Gedanken, möglichst viele ehemalige Katholikinnen und Katholiken zu gewinnen. Ich bin dankbar, dass sie den evangelischen Weg für sich als guten empfinden.
Weitere Infos zu den Eintrittsstellen gibt es hier.