Gut sei, dass sich viele Gemeinden auch stark gegen Antisemitismus einsetzten, und sich die beiden großen Kirchen von ihrer Rolle im Nationalsozialismus distanziert hätten. Allerdings sei die Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen, erklärte der Beauftragte. So seien zum Beispiel weiterhin Kirchen nach Namen erwiesener Judenfeinde benannt.
Außerdem gebe es unverändert sogenannte Judensau-Darstellungen an Kirchen, wie etwa in der Lutherstadt Wittenberg, sagte Klein. Auch läuteten in Deutschland weiter einige Kirchenglocken, die in 1930er-Jahren gegossen worden und mit einem Hakenkreuz versehen seien. Solche judenfeindlichen Traditionen fielen noch zu häufig unter den Tisch und müssten stärker thematisiert werden, forderte er: "Das muss von oben kommen, also vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz oder vom Vatikan. Gerade in der katholischen Kirche ist es ja möglich, dass Autoritäten etwas vorgeben."
Klein sprach auch von erheblichem Nachholbedarf der Justiz im Kampf gegen Antisemitismus. "Ich finde es gut, dass sich der Rechtsstaat des Falls Gil Ofarim annimmt und so ausführlich ermittelt wird; darüber bin ich sehr froh", sagte er den Zeitungen mit Blick auf den Sänger, der erklärt hatte, in einem Leipziger Hotel von Mitarbeitern antisemitisch behandelt worden zu sein. "Ich würde mir aber wünschen, dass dieselbe Energie von Polizei und Staatsanwaltschaften auch bei anderen antisemitischen Verdachtsfällen aufgebracht würde." Das seien allein 2020 rund 2.200 gewesen. Viele Ermittlungen würden stattdessen sehr schnell eingestellt.