Der Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Dirk Kurbjuweit. Dessen "Spiegel"-Texte zeichnen sich regelmäßig durch eine dezidierte Haltung aus, und deshalb geht es sowohl in der Vorlage wie auch in ihrer Umsetzung hinter der Science-Fiction-Fassade um Politik: Kurz vor den Bundestagswahlen des Jahres 2029 zeichnet sich ab, dass die schon jetzt regierenden Rechtspopulisten die absolute Mehrheit bekommen werden. Rigide Maßnahmen gibt es allerdings bereits jetzt: Nach einem systemkritischen Artikel ist der Journalist Johann Hellström (Tobias Moretti) entlassen worden. Angeblich hat er Fakten und Zitate verfälscht; nun ist ihm jede Form von Veröffentlichung untersagt. Gemeinsam mit Gattin Lucia (Valery Tscheplanowa) zieht er sich in sein Ferienhaus auf einer Insel zurück. Das Domizil ist ein "Smart Home", dessen Bewohner kaum noch einen Finger rühren müssen, weil das Haus auf Zuruf reagiert oder sogar von sich aus agiert: Kaum lässt Lucia die Hüllen fallen, um Johann zu verführen, geht wie von Geisterhand das Kaminfeuer an.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Ostermann, der das Drehbuch gemeinsam mit Patrick Brunken geschrieben hat, verzichtet zwar darauf, den High-Tech-Schnickschnack allzu sehr in den Vordergrund zu rücken, aber natürlich entwickelt die technische Ebene eine große Faszination, weshalb die politische Ebene zunächst zwangsläufig etwas in den Hintergrund rückt. Hellströms Tagebucheinträge und gelegentliche Blicke in die TV-Nachrichten sorgen dafür, dass sie nicht ganz in Vergessenheit gerät: Bei einem Attentat auf eine Polizeiakademie hat es knapp zwei Dutzend Tote gegeben. Hellström gilt nun als geistiger Brandstifter: Sein Artikel soll Regierungsgegner zu dem Terrorakt angestiftet haben. Zu der Gruppe, die angeblich hinter dem Anschlag steckt, gehört auch eine junge Frau, deren Rolle zunächst unnötig unklar bleibt. Schließlich stellt sich raus, dass Lucia Hellström Anwältin und Leyla (Lisa Vicari) ihre Mandantin ist. Als Leyla und ihr Freund Max (Max von der Groeben) auf der Insel auftauchen, weil Lucia ihnen zur Flucht nach England verhelfen will, ist Hellström schockiert: Jetzt sieht es doch erst recht so aus, als stecke er mit den Attentätern unter einer Decke.
Fast exakt eine Hälfte lang ist der Film ein Zwei-Personen-Stück mit drei Mitwirkenden: Von Beginn an lässt Ostermann, der zuletzt das ausgezeichnete ARD-Drama "Freunde" mit Justus von Dohnányi und Ulrich Matthes inszeniert hat, keinen Zweifel daran, dass das Haus weit mehr ist als bloß ein Beobachter. Regelmäßige Zwischenschnitte auf das Zentralgehirn der Anlage erinnern an entsprechende Einstellungen aus Stanley Kubricks Klassiker "2001 – Odyssee im Weltraum". In dem Raumschiff-Opus tötet Bordcomputer HAL die Besatzung, und auch in Ostermanns stillem Thriller wird es Tote geben. Hellström ist überzeugt, dass sein Haus von außen manipuliert wird, aber es handelt sich um ein geschlossenes System: Der Feind ist im Innern.
"Das Haus" ist Teil eines gemeinsamen Projekts von NDR und SWR. Die Sender haben mehrere Schriftsteller gebeten, "Geschichten von Morgen" zu erzählen; der für hiesige Verhältnisse äußerst ungewöhnliche Science-Fiction-Film "Exit" (2020), ein an die "Matrix"-Trilogie erinnerndes Spiel mit Schein und Sein, war das erste Projekt, das nach einer entsprechenden Vorlage entstanden ist. Anders als "Exit" ist Ostermanns Arbeit jedoch sehr im Heute verwurzelt. Der Reiz resultiert in erster Linie aus den Überraschungen, für die die Villa (als "Double" diente ein Haus in der Nähe von Stockholm) regelmäßig sorgt: Mal spielt sie zur Stimulation während des Sex ein Video ein, das Lucia beim Seitensprung zeigt, mal sperrt sie das Ehepaar aus. All’ das kann Zufall sein, aber dann kommt es zu einem Ereignis, für das Hellström nur eine Erklärung hat: Sein Haus lebt, und es scheint etwas gegen Lucia zu haben; eigentlich schade, dass die Frage, ob eine Künstliche Intelligenz so etwas wie Eifersucht empfinden kann, nicht weiter erörtert wird. Davon abgesehen hätte Ostermann den Film ruhig etwas spannender inszenieren können, zumal die Handlung ohnehin wenig Dynamik mitbringt.