Ein wegen Betruges und Urkundenfälschung vom Dienst suspendierter Pastor ist vom Landgericht Hildesheim zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Die Strafe wird für einen Bewährungszeitraum von drei Jahren ausgesetzt.
Die Kammer sah es als erweisen an, dass der einst in der Kirchengemeinde Eime bei Hildesheim tätige evangelische Theologe zwischen September 2012 und Dezember 2016 in 44 Fällen fingierte Rechnungen beim Kirchenkreisamt Hildesheim eingereicht hat, um sich das Geld erstatten zu lassen. Dabei sei er "gewerbsmäßig vorgegangen, um aus seinen Taten ein Einkommen zu erzielen", betonte die Vorsitzende Richterin Karin Kuhlmann.
Der Pastor habe mit seinen Taten einen Betrag von 44.524,67 Euro erlangt. Davon muss er laut Urteil noch 20.055,34 Euro an die Kirche erstatten. Das Gericht bezog dabei ein, dass der Angeklagte zuvor bereits rund 10.000 Euro zurückgezahlt habe und ein weiterer Teil der Schadenssumme mit seinen Gehaltsansprüchen verrechnet worden sei.
Vorstand kontrollierte kaum
Richterin Kuhlmann bezeichnete das Urteil als "sehr milde". Es begründe sich durch viele strafmildernde Faktoren, darunter ein Teilgeständnis des Angeklagten, der Verlust seines Pastorenamtes, die Dauer des Verfahrens und seine schwere, inzwischen chronisch gewordene Krebserkrankung. Zudem gehe das Gericht davon aus, dass er in Zukunft nicht mehr kriminell wird.
In der Urteilsbegründung merkte die Richterin an, dass der Angeklagte während seiner Dienstzeit in Eime "für nahezu alles, einschließlich der Anschaffungen" zuständig gewesen sei. Zu Beginn seines Pfarramts sei seine Arbeit aufgrund seines Organisationstalentes allgemein anerkannt gewesen. Der Kirchenvorstand habe sich organisatorisch zurückgehalten, nicht für die Finanzen interessiert und seine Kontrollfunktion kaum wahrgenommen. Zugleich sei "Delegieren nicht so die Sache" des Angeklagten gewesen, erläutere Kuhlmann. Diese Umstände hätten es ihm leicht gemacht, seine Taten zu begehen.
Not nicht existentiell
Verständnis äußerte die Richterin für die private Situation des Angeklagten, der zunächst durch eine schwere Krankheit seiner Tochter und später seine eigene Krebserkrankung in eine "seelische und finanzielle Notsituation" geraten sei, zumal die Beihilfe die Behandlungskosten nur teilweise übernommen habe. Zudem sei der Prozess eine besondere Belastung, weil der Angeklagte wisse, "dass viele Menschen in Eime nicht gut über ihn denken". Dennoch sei seine Not nicht existentiell: "Sie fallen nicht ins Bodenlose", betonte die Richterin auch mit Blick auf eine gesetzliche Rente, die dem Pastor im Falle einer Entlassung und dem Verlust seiner Pensionsansprüche sicher wäre.
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung in 163 Fällen vorgeworfen. Im Plädoyer hatte sie die Vorwürfe zu 44 Fällen zusammengefasst und eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von zwei Jahren und den Einzug der rund 20.000 Euro gefordert. Die Verteidigung hatte hingegen auf eine Strafe von höchstens einem Jahr und sechs Monaten plädiert.
Entlassung aus Kirchendienst
Im Verfahren hatte der Angeklagte ausgesagt, dass er sich nicht habe bereichern wollen, sondern mit dem Geld unter anderem seine Behandlungskosten gezahlt habe. Zu Prozessende hatte der gesundheitlich sichtbar angeschlagene 62-Jährige Bedauern für seine Taten geäußert.
Erstmals war der Betrug aufgefallen, nachdem der Pastor nach mehr als 20 Jahren von seiner Stelle im Landkreis Hildesheim in die Region Hannover gewechselt war. Die Kirche hatte Strafanzeige gegen den Pastor gestellt, nachdem die Unregelmäßigkeiten ans Licht gekommen waren.
Das Urteil wird rechtskräftig, wenn der Pastor nicht binnen einer Woche Rechtsmittel einlegt. Täte er dies, käme das Urteil vor dem Bundesgerichtshof zur Revision. Tritt es hingegen in Kraft, wird er aus dem kirchlichen Dienst entlassen und verliert seine Pensionsansprüche - dies sieht das Regelwerk der hannoverschen Landeskirche bei rechtskräftigen Verurteilung zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr vor.