Jesus ging von dort weg und kam in seine Heimatstadt Nazaret. Seine Jünger begleiteten ihn. Am Sabbat lehrte Jesus in der Synagoge. Viele, die ihn hörten, waren tief beeindruckt. Sie fragten: "Wo hat er das her? Was ist das für eine Weisheit, die er bekommen hat? Und wieso geschehen durch ihn solche Wunder? Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn von Maria? Ist er nicht der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht auch seine Schwestern hier bei uns?" Deshalb lehnten sie Jesus ab. Aber Jesus sagte zu ihnen: "Nirgendwo gilt ein Prophet so wenig wie in seiner Heimatstadt, bei seinen Verwandten und bei seiner Familie." Deshalb konnte er dort auch keine Wunder tun. Er legte nur einigen Kranken die Hände auf und heilte sie. Und Jesus wunderte sich über den Unglauben der Leute dort.
Markus 6,1–6 in der Übersetzung der Basisbibel, hier vorgelesen von Helge Heynold.
Liebe Novemberlinge,
die erste Kerze am Kranz wartet auf Feuer, während das Licht weiter schwindet. Mit ihm wird die Hoffnung auf eine unbeschwerte Weihnachtszeit geringer. Die Stimmung wird gereizt anstatt ausgelassen oder andächtig. Was immer ich in diesen Tagen an schönen Dingen tue, scheint immer nur so lange zu wirken, wie es dauert. Kaum etwas hält mich längere Zeit innerlich warm oder hell. Stattdessen scheint mir vieles, das ich tue, vergebene Liebesmühe zu sein. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber mir hilft es in solchen Situationen, mir klarzumachen, dass ich nicht allein mit diesem Problem bin. Das erleichtert mich in mehrerlei Hinsicht. Zum einen denke ich dann nicht ständig, ich müsste meine Sorge allein schultern. Zum anderen hilft es mir, wenn ich sehe, dass es vielleicht nicht an mir liegt, wenn ich mich umsonst abmühe. Darum ist auch die Bibelstelle dieser Woche für mich ein Zuversichtstext.
Jesus scheitert! Jesus höchstpersönlich schafft nicht, was er sonst locker hinkriegt! Er kann in Nazaret keine Wunder tun, weil die Leute einfach nicht mitmachen! Sie sind zwar "tief beeindruckt" von dem, was er zu sagen hat, aber vor allem deswegen, weil sie sich fragen, wo er das denn wohl herhat. "Von seinen Eltern sicherlich nicht. Seine Geschwister sind doch ganz normal, und eigentlich hat er doch gelernt, mit einem Hobel umzugehen und nicht mit der Bibel!" Jesu Stoßseufzer auf diese Situation ist berühmt. Er hat es bis in unseren Redewendungsduden geschafft: "Ein Prophet gilt nirgends so wenig wie seinem eigenen Lande." So oder in ähnlichen Formulierungen kann man ihn immer wieder lesen oder hören. Ich habe sofort Personen und Situationen im Kopf, bei denen dieser Ausspruch haargenau zutrifft. Menschen, die ihre Umgebung verlassen mussten, weil sie dort nicht gehört wurden, kenne ich viele.
Dabei geht es nicht nur um Heimat, Herkunft und Familie. Ich kenne Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlassen mussten, weil sie mit ihren Fähigkeiten nicht zum Zuge kamen. Wer etwas kann und damit nicht gesehen wird, kann auch mit dieser biblischen Geschichte sagen: "Gut, dann eben woanders." Das ist das zweite Zuversichtselement, das ich diesem Text entnehme: Jesus verkämpft sich nicht, sondern wundert sich und geht dann weg, dorthin, wo man sich nicht darüber wundert, dass ausgerechnet er, der Sohn von Maria, mit einer handwerklichen Ausbildung plötzlich große Reden schwingt. Dorthin, wo man seine Botschaft zu schätzen weiß. Jesus gibt diese Erlaubnis übrigens auch gleich an seine Jünger weiter. Nach der Enttäuschung in Nazaret schickt er seine Jünger paarweise los, ebenfalls zu predigen und zu heilen. Und er sagt ihnen: "Wo man euch nicht aufnimmt, da schüttelt euch den Staub von den Füßen und geht wieder."
Betend möchte ich ausrufen: "Ach, Jesus! Wie schön, dass du einmal so schlecht angekommen bist, dass selbst du keine Wunder mehr zustande gebracht hast! Danke, dass du dich kurz gewundert hast und es dann hast sein lassen!" Interessant ist auch die Notiz, dass Jesus zwar keine Wunder tun, aber dennoch Menschen die Hand auflegen und sie heilen konnte. Offenbar sind das keine Wunder, sondern schlichtes Handwerk für Jesus. Es macht auch deutlich, dass Jesus anscheinend nicht "beleidigt abgezischt" ist, sondern sich um die gekümmert hat, die ihn brauchten.
Wir können unsere Situation mitsamt vierter Welle in zunehmender Dunkelheit nicht einfach verlassen. Wir können uns nicht einfach wundern über mangelnde Einsicht oder Vorsicht und dann fortgehen. Aber wir können wie Jesus weitermachen mit dem, was wichtig ist. Wir können uns um die kümmern, die uns brauchen und uns nicht ständig mit denen auseinandersetzen, die uns nicht verstehen können, warum auch immer.
Darum soll dies die Wochenaufgabe sein: Üben Sie sich zu wundern, anstatt sich zu ärgern! Machen Sie es Jesus nach: Immer, wenn Sie meinen, dass jemand einfach nicht versteht, was doch vollkommen einleuchtend in Ihren Augen ist, wundern Sie sich darüber und gestehen Sie sich ein, dass Sie nicht überall etwas ausrichten können. Tun Sie stattdessen etwas anderes, etwas Sinnvolles!
Zweite Aufgabe: Zünden Sie die erste Kerze an und fangen Sie wieder an zu hoffen.
Einen gesegneten ersten Advent!
Ihr Frank Muchlinsky