„Mit der Neuaufstellung des Grabsteins an zentraler Stelle auf dem Kirchhof wollen wir ein ehrendes Gedenken für Max Friedlaender bewahren“, erklärte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Christian Stäblein, am Freitag in Berlin.
Zudem soll künftig mit einer Stele Leben und Werk Friedlaenders (1852-1934) gewürdigt werden. Von einer Umbettung der Urne des Rechtsextremisten Henry Hafenmayer sei abgesehen worden. Dies alles geschehe in enger Abstimmung mit den Nachfahren Friedlaenders. Die historische Aufarbeitung seines Lebens soll durch das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien in Potsdam erfolgen. Der Grabstein werde zurzeit für den neuen Standort aufgearbeitet, hieß es.
Die Nachfahren Friedlaenders erklärten laut EKBO-Pressemitteilung, durch die Neuaufstellung des Grabsteins und den Gedenkort an zentraler Stelle solle Friedlaenders „bedeutende Leistung als Musikwissenschaftler angemessen gewürdigt werden“. Hierzu gehöre insbesondere die Erforschung des Lebens des Komponisten Franz Schubert (1797-1828) durch Friedlaender. Zudem werde im Gedenken an Friedlaenders 1943 in Auschwitz ermordete Nichte Käte Friedlaender Anfang 2022 an deren letztem Wohnort in einem sogenannten „Judenhaus“ in Berlin ein Stolperstein verlegt.
Zum Leben Friedlaenders
Der Konzertsänger und Musikwissenschaftler Max Friedlaender wurde am 12. Oktober 1852 in Brieg in Schlesien geboren, das heute zu Polen gehört. Nach einem Gesangsstudium in London und Frankfurt am Main studierte er in Berlin Musikwissenschaft, habilitierte sich 1895 und wurde 1903 außerordentlicher Professor und Universitätsmusikdirektor. Nach kurzer Lehrtätigkeit in den USA gründete er 1917 das Berliner Deutsche Volksliedarchiv.
1923 übernahm er den Vorsitz der staatlichen Kommission für das deutsche Volkslied-Buch, 1924 wurde er mit der goldenen Medaille der deutschen Goethe-Gesellschaft ausgezeichnet. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er laut der musikwissenschaftlichen Standard-Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ (MGG) von den Nationalsozialisten aus seinen Ämtern verdrängt, obwohl er noch 1933 eine „Hymne an Deutschland“ veröffentlich hatte, die als vaterländische Komposition galt.
Friedlaenders Verdienste um das Volkslied werden auf seine „traditionell-patriotische Grundhaltung“ zurückgeführt. Er war laut MGG an der Veröffentlichung der „Kaiserliederbücher“ unter Kaiser Wilhelm II. beteiligt, gab 1914 ein „Kriegsliederbuch für das deutsche Heer“ heraus, hielt im Ersten Weltkrieg Vorträge für deutsche Soldaten an der Front und erarbeitete 1918 ein Liederbuch für deutsche Kriegsgefangene. Max Friedlaender starb am 2. Mai 1934 in Berlin und wurde auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf bestattet.
Die bis 1939 in Schlesien publizierte „Jüdische Wochenpost“ würdigte den Musikwissenschaftler im Juni 1934 mit einem Nachruf. Kein deutscher Wissenschaftler und kaum ein Musiker habe wie Max Friedlaender „dazu beigetragen, deutschen Volks- und Kunstgesang zu verbreiten und ihm besonders in Deutschland tiefes, liebevolles Verständnis zu verschaffen“, heißt es dort. Er sei ein „Mensch mit hohen Idealen“ gewesen und habe all seine Kraft darangesetzt, „das deutsche Volk für seinen herrlichen Liederschatz zurückzugewinnen“.
Es sei unmöglich, sein Gesamtwerk aufzuzählen, heißt es weiter im Nachruf in der „Jüdischen Wochenpost“: „Sein ganzes Leben, seine ganze Liebe galt der deutschen Kunst, die er, der Jude Max Friedländer, erforscht und vermittelt hat, wie es nur wenigen in Deutschland gelungen ist.“