Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Margot Käßmann (63) und der ein Jahr jüngere Ingenieur Andreas Helm sind bereits als Jugendliche im mittelhessischen Stadtallendorf "miteinander gegangen", wie es damals hieß. Sie haben in der Herrenwaldkirche gemeinsam Kindergottesdienst gehalten, Posaune gespielt und im Disco-Keller der Kirche zu "Angie" von den Rolling Stones eng umschlungen getanzt. 40 Jahre später trafen sie sich in Gießen wieder. Seitdem sind sie erneut ein Paar.
Das am 1. September im Altenberger "bene!"-Verlag erschienene Buch "Mit mutigem Schritt zurück zum Glück. Weil uns das Leben immer überrascht" thematisiert die Zweitauflage dieser Beziehung und das, was sie nach den Worten der beiden Protagonisten trägt: Zuneigung, Vertrauen, Toleranz, Humor, gemeinsame Werte und Herkunft sowie der christliche Glaube.
Käßmann und Helm haben gleichsam parallele Leben geführt: Beide haben früh geheiratet, vier Kinder bekommen und beide wurden nach 26 Ehejahren geschieden. Zudem sind beide inzwischen Großeltern. "Die Kinder und die Enkel mögen die neuen Partner, wir alle leben in der Familie in großer Harmonie", sagt Käßmann am Rande der Lesung dem Evangelischen Pressedienst. Aber auch das Miteinander mit Freundinnen und Freunden sei wichtig, "gerade wenn wir alt werden".
Dankbar sein, Mut machen
Die Theologin ist bereits Autorin von mehr als 40 Büchern und Kinderbüchern. Warum jetzt noch einmal dieses ganz persönliche Werk? "Uns ging es darum, die Dankbarkeit für das Glück, sich wiedergefunden zu haben, mit anderen zu teilen", betont sie. "Außerdem wollten wir Menschen Mut machen, auch im Alter noch einmal den Schritt in eine neue Beziehung zu wagen."
In der Marburger Stadthalle gerät die Premierenlesung von Käßmann und Helm zu einem Heimspiel. Rund 200 Familienangehörige, Freunde und Fans spenden reichlich Beifall für deren kurzweiliges Anekdoten-Ping-Pong. Für die musikalischen Zwischentöne sorgt der Siegener Gitarrenvirtuose Werner Hucks.
Auch allein sein können
Margot Käßmann hat die Marburger Elisabethschule besucht und später an der Philipps-Universität studiert. Andreas Helm wohnt seit Jahren in Gießen und ist dort vielfältig vernetzt. Er ist als Texter, Posaunist in zwei Bigbands und als Clown in einem Kindertheater unterwegs. Ebenso wie seine Lebensgefährtin engagiert er sich für Frieden, Abrüstung und die Bewahrung der Natur.
Käßmann und Helm machen in Marburg klar, dass sie sich in ihrer Fernbeziehung wohl fühlen, gern gemeinsame Zeit in Hannover, Gießen oder in ihrem Ferienhaus auf Usedom verbringen, aber auch für eine Zeitlang allein sein können. "Mir ist wichtig, dass wir einander 'lassen' können", schreibt Margot. Andreas schaue gerne Fußball und sie brauche manchmal ihre Gartenzeit auf Usedom, das "Rumpuddeln", das Unkraut jäten.
Gehalten vom Glauben
Entsprechend wenig halten die beiden von der Idee, noch einmal zu heiraten. "Mit fällt kein Grund dafür ein", betont Andreas Helm. Eine Partnerschaft wird nicht dadurch gefestigt, und beständiger wenn sie amtlich vollzogen wird. Die Verbindung findet im Herzen statt, nicht auf dem Trauschein."
In Stein gemeißelt ist für die beiden aber nichts. "All dem was kommt sehen wir mit Spannung entgegen", formuliert Käßmann, "... getragen von der Überzeugung, dass wir gehalten sind - von Menschen und unserem Glauben." Die Lesung endet passgenau mit dem warmen und lang anhaltenden Beifall des Publikums und dem Gitarrenstück "Befiehl Du Deine Wege" nach Psalm 37 von Werner Hucks.
Buchtipp: Margot Käßmann, Andreas Helm: Mit mutigem Schritt zurück zum Glück. Weil uns das Leben immer wieder überrascht. "bene!"-Verlag 2021, ISBN: 978-3-96340-173-2, 20 Euro.