Berlin (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 80. Jahrestag des Beginns der Deportationen von Berliner Juden vor einem Erstarken des Antisemitismus in Deutschland gewarnt. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger seien „immer wieder und immer stärker antisemitischen Hetzreden und antisemitischen Angriffen ausgesetzt“, sagte er laut Redemanuskript am Montag bei einer Gedenkveranstaltung am Gleis 17 im Bahnhof Berlin-Grunewald.
„Nie wieder darf Antisemitismus einen Platz in unserer Gesellschaft haben“, sagte Steinmeier. Nie wieder dürften antisemitisches Denken und Handeln ohne Widerspruch und öffentliche Reaktionen bleiben.
Die Akten der Wannsee-Konferenz, bei der zwei Wochen nach dem Beginn der Deportationen in Berlin der Mord an den europäischen Juden beschlossen worden sei, machten noch immer sprachlos, sagte der Bundespräsident. Diese und zahlreiche andere Akten vermittelten bis heute, wie viele Menschen an der Judenvernichtung beteiligt waren oder von ihr wussten.
„Das Verbrechen ereignete sich vor aller Augen, das Ausgrenzen und das Abholen geschah mitten im deutschen Alltag, das ist die grausame Wahrheit“, betonte Steinmeier bei der Gedenkveranstaltung: „Viele haben mitgemacht, viele haben das Verbrechen bürokratisch exekutiert, viele haben davon auch profitiert.“
Am 18. Oktober 1941 fuhr vom Gleis 17 des Berliner Bahnhofs Grunewald aus der erste Deportationszug mit rund 1.000 Juden Richtung Osten. Ziel war das das Ghetto von Lódz.