Hamburg (epd). Knapp 70 Prozent der jungen Menschen zwischen 16 und 39 Jahren können sich vorstellen, einen Familienangehörigen zu pflegen. Unter denjenigen, die bereits pflegen oder gepflegt haben, sind es sogar 84 Prozent, wie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach für den DAK-Pflegereport 2021 ergab. „Die hohe Bereitschaft junger Menschen, sich bei der Pflege zu engagieren, ist bemerkenswert“, sagte DAK-Vorstandschef Andreas Storm bei der Vorstellung des Berichts am Dienstag in Hamburg.
Demnach hat ein Viertel der jungen Menschen in Deutschland bereits Pflegeerfahrungen gesammelt. Bei mehr als der Hälfte von ihnen war die zu pflegende Person die Großmutter oder der Großvater. Die Pflege werde weniger als eine moralische Pflicht gesehen, sondern geschehe aus familiärer Verbundenheit, sagte Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg, der den Report geleitet hat. Laut Statistischem Bundesamt wurden Ende 2019 von den 4,1 Millionen Menschen, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielten, 80 Prozent zu Hause gepflegt.
Zwei Fünftel der Befragten wünschen sich die Pflege eines nahen Angehörigen zuhause durch die Familie gemeinsam mit einem Pflegedienst oder einer festen Pflegekraft. Klie zufolge nehmen 70 Prozent der zuhause versorgten Menschen aber keinen Pflegedienst in Anspruch. Er forderte von der kommenden Bundesregierung, die ambulante Pflege verstärkt in den Blick zu nehmen. „Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werden wir bald an die Kapazitätsgrenzen in Pflegeheimen stoßen.“
DAK-Vorstandschef Storm forderte, Pflegende vor Verarmung zu schützen und bei der Haushaltsarbeit zu entlasten. Dafür müsse unter anderem das Pflegegeld um fünf Prozent erhöht werden. Er forderte zudem die Einberufung eines Pflegegipfels. Die Vereinbarkeit von Pflege, Beruf und Kindererziehung müsse verbessert werden, etwa durch einen Anspruch auf Haushaltshilfe und Kinderbetreuung für pflegende Mütter und Väter. Dem Bericht zufolge nimmt nur gut ein Drittel der jungen Pflegenden (38 Prozent) Beratungsangebote und Unterstützung in Anspruch. Dies könne zu traumatisierenden Belastungssituationen führen, sagte Klie.
Für die Untersuchung befragte das Institut für Demoskopie Allensbach 1.310 Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und 39 Jahren. Darunter waren 443 Personen, die bereits Angehörige gepflegt haben. Die DAK-Gesundheit ist mit gut 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands.