„Kinder können sich nicht impfen lassen. Wir können sie nur schützen, wenn wir Erwachsene, die die Chance dazu haben, es tun“, erklärte Bedford-Strohm am Mittwoch in Brüssel.
Kinder und Jugendliche hätten auf so vieles verzichtet, um Erwachsene und Alte zu schützen, fügte Bedford-Strohm hinzu, der auch bayerischer Landesbischof ist: „Ein neuerlicher Lockdown würde sie jetzt noch schlimmer treffen.“ Es sei höchste Zeit, "dass wir jetzt alles tun, um etwas zurückzugeben und die Kinder zu schützen, appellierte der EKD-Ratsvorsitzende.
Ob man sich impfen lässt, sei auch eine persönliche Entscheidung, räumte Bedford-Strohm ein: „Aber es ist nicht nur eine persönliche Entscheidung. Es hängt auch für andere viel davon ab - besonders für die Jüngsten und Verletzlichen, die Kinder.“
Bedford-Strohm, der sich derzeit zu Gesprächen in Brüssel aufhält, verwies auf einen Appell des Verbands der Kinderkrankenhäuser in der „New York Times“, sich impfen zu lassen. Anlass sei eine dort zunehmende Zahl der schweren Verläufe von Corona-Infektionen bei Kindern. Es treibe ihn um, wenn Erwachsene ihrer Verantwortung für Kinder nicht gerecht werden, so Bedford-Strohm in einem am Mittwoch auf Facebook veröffentlichten Video.
Kinderhilswerk: Die vierte Welle brechen
„Es ist vollkommen rücksichtslos, sich nicht impfen zu lassen“, sagte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). Nach seiner Ansicht ist Kindern in den vergangenen Monaten durch die Schließung von Schulen und Kitas schon sehr viel abverlangt worden, um die Älteren zu schützen, obwohl sie selbst weniger zu den Treibern der Pandemie gehörten. Viele litten an psychischen Beeinträchtigungen, Bewegungsmangel und Übergewicht, warnte Krüger.
Jetzt müsse die Rücksichtnahme auch mal in die andere Richtung gehen: „Nun fordern wir als Kinderrechtsorganisation mit der gleichen Vehemenz von den Erwachsenen ein, sich impfen zu lassen, um die Kinder zu schützen“, sagte Krüger. „Derzeit rollt die vierte Welle an Corona-Infektionen auf uns zu. Je mehr Erwachsene und auch je mehr Jugendliche ab zwölf Jahren geimpft sind, desto größer ist die Chance, diese Welle zu brechen.“
Spahn spricht von "Pandemie der Ungeimpften"
Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erneut an die noch nicht gegen das Coronavirus geimpften Menschen appelliert, sich immunisieren zu lassen. „Jede Impfung entscheidet, wie sicher wir durch den Herbst und Winter kommen“, sagte Spahn am Mittwoch in Berlin. Man sehe derzeit eine „Pandemie der Ungeimpften“. 90 bis 95 Prozent der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen seien nicht geimpft, sagte er.
In Deutschland sind nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums aktuell knapp 62 Prozent der Bevölkerung vollständig, 66 Prozent mindestens einmal gegen das Corona-Virus geimpft. Die Zahl der täglich verabreichten Impfdosen geht seit Ende Juni kontinuierlich zurück, obwohl bei vielen Menschen eine Schutzimpfung noch aussteht.