"Jeder Mensch ist geschaffen zum Bilde Gottes. Deshalb können wir nicht zuschauen, wenn Menschen auf lebensgefährlichen Schlauchbooten zu ertrinken drohen." Diese deutliche Botschaft will der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 5. September 2021 in einem Fernsehgottesdienst aus Palermo unter dem Motto "Mut zur Menschlichkeit" setzen.
Mit dem Gottesdienst, den das ZDF ab 9.30 Uhr live aus der italienischen Stadt überträgt, soll zugleich ein Dank an die zivilen Seenotretter:innen ausgesprochen werden, die nach der Einstellung der staatlichen Seenotrettung im Mittelmeer tausende Menschen aus lebensgefährlichen Situationen gerettet haben. "Mit ihrem mutigen Einsatz, nehmen die ehrenamtlichen Crews unter widrigsten Bedingungen eine Verantwortung wahr, die wir eigentlich alle gemeinsam haben", so Bedford-Strohm. "Natürlich müssen zuallererst Fluchtursachen bekämpft werden. Wie dafür die besten Lösungen aussehen, kann man kontrovers diskutieren. Aber müssten wir uns nicht darauf einigen können, dass auch bei unterschiedlichen Meinungen über die Flüchtlingspolitik das Retten von Menschenleben eine christliche Grundpflicht ist", so der EKD-Ratsvorsitzende im Vorfeld des Fernsehgottesdienstes.
Neben Crewmitgliedern der "Sea-Watch4", die von Bord des im sizilianischen Trapani festgesetzten Rettungsschiffes zugeschaltet werden, wirken an dem Fernsehgottesdienst auch ein Geretteter sowie Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando mit. Orlando und Bedford-Strohm hatten sich in der Vergangenheit immer wieder gemeinsam mit dem Aufruf an die Regierungen, Parlamente und die Kommission der Europäischen Union gewendet, beschlagnahmte oder festgehaltene Rettungsschiffe freizugeben. "Die Kriminalisierung und Behinderung der zivilen Seenotrettung muss endlich beendet werden", so Orlando und Bedford-Strohm. "Seenotrettung ist eine staatliche Aufgabe, die durch die europäischen Regierungen wahrgenommen werden muss", heißt es in einem gemeinsamen Appell, dem sich seit 2019 zahlreiche Bürgermeister:innen von Städten und Gemeinden sowie Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen und Zivilgesellschaft in ganz Europa angeschlossen haben. "Überall in Europa gibt es Städte, Kommunen, Menschen, die Geflüchteten einen Ort geben wollen, an dem sie in Würde leben können. Auch das möchten wir mit dem Gottesdienst sichtbar machen", so Bedford-Strohm.
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Im Anschluss an den Gottesdienst wird der EKD-Ratsvorsitzende die Crew der "Sea-Watch4" in Trapani besuchen und sich mit ihr über die aktuelle Situation der Seenotrettung im Mittelmeer austauschen. Das Schiff wurde im vergangenen Jahr mit Spendenmitteln des breiten gesellschaftlichen Bündnisses "United4Rescue" erworben, das die evangelische Kirche im Dezember 2019 mitgegründet hatte. Seitdem hat die "Sea-Watch4" auf dem Mittelmeer mehr als 700 Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen gerettet. Die ebenfalls vom Bündnis United4Rescue finanzierte "Sea-Eye4" befindet sich aktuell auf einer Rettungsmission und hat am Mittwoch dieser Woche 29 Menschen gerettet. Darunter waren vier Babys.