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TV-Tipp: "Smuggling Hendrix – Nicht ohne meinen Hund"
26. Juli, ZDF, 0.15 Uhr
Freundin weg, Schulden - Musiker Yiannis ist verzweifelt und will nur weg von Zypern. Doch dann läuft sein geliebter Hund Jimi weg und wird auf der geteilten Insel zum illegalen Grenzgänger.

Was weiß man hierzulande schon über den Zypernkonflikt? Im Grunde doch nur, dass die Insel seither geteilt ist: Die südliche Republik Zypern ist griechisch, die nördliche Hälfte wird von der Türkei beansprucht; die historischen Hintergründe dürften den meisten Menschen jedoch nicht bekannt sein. "Smuggling Hendrix" ist kein kaschierter Geschichtsunterricht, aber Marios Piperides hat dennoch einige Fakten im Drehbuch seines beachtlichen Erstlingswerks untergebracht. Der Tonfall ist zwar im Wesentlichen heiter, zumal der gebürtige Hamburger Adam Bousdoukos einen jener sympathischen Verlierer spielt, die er schon oft verkörpert hat, doch das Debüt ist dennoch eine Tragikomödie.

Der Film beginnt mit den Vorbereitungen eines Abschieds: Musiker Yiannis will nach Holland auswandern. Seit ihn seine Freundin Kika verlassen hat, ist das Dasein des Gitarristen den Bach runtergegangen. Er ist mit seine Miete seit fünf Monaten im Rückstand und hat Schulden bei Typen, mit denen man lieber nichts zu tun haben möchte; schon gar nicht, wenn es um Geld geht. In den Niederlanden, hofft Yiannis, der seine Kindheit in Deutschland verbracht hat, wird alles besser. Einziger Lichtblick in seinem Dasein ist Jimi, ein zuweilen etwas störrischer struppiger Straßenköter. Drei Tage vor der Abreise kommt es zum Malheur: Jimi rennt auf die türkische Seite von Nikosia. Yiannis stöbert ihn zwar bei türkischen Soldaten wieder auf, aber nun hat er ein Problem: Er selbst kann die Grenze problemlos passieren, Jimi jedoch nicht; Pflanzen, Tiere oder tierische Produkte dürfen nicht auf die griechische Seite eingeführt werden. Das ist zwar absurd, denn Vögel, Katzen und anderes Getier halten sich ja auch nicht an die Vorschrift, doch Regeln, erklärt ihm ein Soldat, seien nun mal Regeln. Also bittet Yiannis den zwielichtigen Schmuggler (Özgür Karadeniz), Jimi über die Grenze zu befördern. Der türkische Kleinganove behauptet, er habe die Grenzer in der Tasche, aber Jimi wird trotzdem beschlagnahmt, und deshalb kommt es zu einer abenteuerlichen Befreiungsaktion, an der neben Yiannis, Tuberk und Kika (Vicky Papadopoulou) auch Hasan (Fatih Al) beteiligt ist, ein Türke, der heute in Yiannis’ früherem Elternhaus lebt.

Piperides, auf der griechischen Seite Zyperns aufgewachsen, hat aus dieser eigentlich überschaubaren, aber wegen der historischen Hintergründe um einige Nebenschauplatze sowie um diverse kafkaeske Momente ergänzten Handlung einen abwechslungsreichen, flott erzählten Film gemacht, dem die eigentliche Botschaft nie zur Bürde wird. Am Konflikt zwischen Yiannis und Hasan zum Beispiel verdeutlicht das Drehbuch die ganze Dimension der absurden Situation, zumal die türkische Seite Zyperns international nicht anerkannt wird: Aus griechischer Perspektive ist Hasan ein Kriegsverbrecher, aus dessen Sicht besteht sein einziges Vergehen darin, als Kind türkischer Siedler auf der falschen Seite der Grenze zur Welt gekommen zu sein. Mit Hilfe dieser Figur kann Piperides angenehm beiläufig verschiedene Wissensbissen einfließen lassen: Weil die internationale Staatengemeinschaft die durch die Teilung im Jahr 1974 entstandene Türkische Republik Nordzypern bis heute nicht anerkennt, kann Hasan nicht einfach auswandern; dabei würde er wie Yiannis gern sein Heil in Europa suchen.

Aus all’ dem hätte auch ein Drama werden können, aber dafür verbreitet schon allein die flotte und mit vielen griechischen Klängen gewürzte Musik (Kostantis Papakonstantinou) viel zu viel Heiterkeit, ganz zu schweigen von diversen kleinen Momenten am Rande. Und dann ist da ja noch der Hauptdarsteller, der aus dem Antihelden eine typische Bousdoukos-Figur macht: Im Leben von Yiannis geht alles schief, aber Schuld, hält ihm die schöne Kika vor, seien stets die anderen. "Smuggling Hendrix" ist eine mit Geldern aus der regionalen deutschen Filmförderung unterstützte Koproduktion der ZDF-Redaktion Das kleine Fernsehspiel; zu den Deutschen im Team gehörten außer Bousdoukos und dem als Darsteller des KDD-Chefs in der ZDF-Reihe "Nachtschicht" bekannten Özgür Karadeniz (aufgewachsen in Kiel) auch Kameramann Christian Huck. Neben dem gut synchronisierten Ensemble ist es nicht zuletzt die Bildgestaltung, die den Film sehenswert macht: Hucks Licht verleiht gerade den nächtlichen Szenen in der von den Blauhelmsoldaten der Vereinten Nationen überwachten Pufferzone, einer Art Niemandsland mitten im geteilten Nikosia, eine fast unwirkliche Atmosphäre. Sehr schade, dass das ZDF den Film nicht früher zeigt.