Berlin, Port-au-Prince (epd). Nach dem Mord an dem haitianischen Präsidenten Jovenel Moïse hat die Polizei vier Tatverdächtige getötet und zwei weitere mutmaßliche Täter festgenommen. „Sie werden getötet oder verhaftet“, erklärte Polizeichef Leon Charles am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Fernsehrede mit Blick auf weitere mutmaßliche Täter. Drei Polizisten, die als Geisel genommen wurden, seien befreit worden.
Moïse war am frühen Mittwochmorgen in seinem Haus erschossen worden. Seine Frau Martine Moïse wurde bei dem Attentat schwer verletzt und ist derzeit zur medizinischen Behandlung in Florida. Sie befinde sich in einem kritischen aber stabilen Zustand, erklärte Charles.
Derweil hat Premierminister Claude Joseph landesweit den Notstand ausgerufen. Das Militär kann damit polizeiliche Aufgaben übernehmen, die Kompetenzen der Sicherheitsbehörden werden ausgeweitet. Es seien alle Maßnahmen ergriffen worden, um Kontinuität sicherzustellen, sagte Joseph. Demokratie und die Republik würden gewinnen.
Der Mord hat weltweit großes Aufsehen erregt. Das Auswärtige Amt zeigte sich „bestürzt“. Es müsse jetzt alles dafür getan werden, dass die Sicherheit und Stabilität in Haiti nicht weiter gefährdet werde, erklärte das Auswärtige Amt auf Twitter. US-Präsident Joe Biden sprach von einem „entsetzlichen Attentat“. Der britische Staatschef Boris Johnson bezeichnete den Mord als eine „verabscheuungswürdige Tat“.
Der UN-Sicherheitsrat rief alle Politiker des Landes in einer Erklärung dazu auf, Ruhe zu bewahren und nicht zu Gewalt aufzustacheln. Auf Initiative der USA und Mexiko befasst sich das in New York ansässige Gremium am Donnerstagmittag (Ortszeit) mit der aktuellen Lage in Haiti.
In dem von Armut und Kriminalität geprägten Land kommt es immer wieder zu gewaltsamen Protesten gegen die Regierung. Sowohl die Opposition als auch der Oberste Gerichtshof hatten die Rechtmäßigkeit von Moïses Präsidentschaft bestritten. Da keine Parlamentswahlen stattfanden, regierte Moïse in den letzten Jahren per Dekret. Während Regimekritiker den Rücktritt des Präsidenten gefordert hatten, wurde er von den EU und den USA gestützt.
Haiti ist das ärmste Land Lateinamerikas. Etwa 70 Prozent der 11,2 Millionen Einwohner des karibischen Inselstaates leben in Armut.