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TV-Tipp: "Der Kroatien-Krimi: Tote Mädchen"
Donnerstag, 15. Juli, ARD, 20.15 Uhr
"Der Kroatien-Krimi: Tote Mädchen" beginnt buchstäblich mit einem Knalleffekt und erzeugt auch im weiteren Verlauf Spannung auf gleich mehreren Ebenen.

Als die ARD 2020 den insgesamt siebten "Kroatien-Krimi" und den ersten mit Jasmin Gerat als neuer Hauptdarstellerin ausgestrahlt hat, haben die Autor:innen der entsprechenden Wikipedia-Seite vorübergehend den Überblick verloren: "Der Kroatien-Krimi ist eine Kriminalfilmreihe der ARD mit Lenn Kudrjawizki in der Hauptrolle", hieß es dort. Für die Episode "Tote Mädchen" stimmte das sogar. Es gehört sich zwar nicht, den Knüller eines Films zu verraten, aber in diesem Fall lässt sich das kaum vermeiden, weil die gesamte Handlung darauf basiert.

Der Film beginnt buchstäblich mit einem Knalleffekt: Als sich Kommissarin Branka Mari? (Neda Rahmanian), Leiterin der Mordkommission Split, zum abendlichen Rendezvous auf der Jacht ihres Zweitfreunds Lado (Aleksandar Jovanovic) einfindet, gibt es eine Explosion, bei der beide ums Leben kommen; Christoph Darnstädt (Buch) und Michael Kreindl (Regie), die bis dahin gemeinsam für alle "Kroatien-Krimis" verantwortlich waren, haben ihren Star (auf dessen Wunsch) tatsächlich sterben lassen. Davon muss man sich erst mal erholen.

Die Handlung gewährt den Hinterbliebenen (und damit auch dem Publikum) einige Szenen der Trauer, und die unnötig angriffige Rechtsmedizinerin (Sarah Bauerett) macht ihre Kratzbürstigkeit wieder gut, indem sie dem Leichnam zu früherer Schönheit verhilft. Aber dann nutzen Darnstädt und Kreindl den Einstieg, um Spannung auf gleich mehreren Ebenen zu erzeugen. Natürlich wollen Mari?s Mitarbeiter Perica (Kudrjawizki) und Vucevic (Kasem Hoxha) wissen, wer ihre Chefin umgebracht hat, stehen aber erst mal vor der Frage, wem der Anschlag überhaupt gegolten habe: ihr oder dem Bootsbesitzer? Da die beiden keine Ahnung haben, dass der Mann Brankas Geliebter war, gehen sie davon aus, dass sie beruflich auf der Jacht war.

Kurz zuvor ist im Wasser die Leiche eines zwölfjährigen Mädchens gefunden worden, womöglich ein Fall von Menschenhandel, und Lado Trifunovic ist bekanntermaßen in zwielichtige Geschäfte verwickelt; vielleicht hat ein alter Widersacher eine Rechnung beglichen. Natürlich finden Perica und Vucevic irgendwann doch heraus, dass die Kommissarin mit Lado und dem deutschen Piloten Kai (Andreas Guenther) in einer Menage à trois lebte; also Mord aus Eifersucht?

Das ist aber die nur die eine Seite der Handlung. Es gibt noch eine zweite, und die macht den Film erst richtig interessant: Die beiden Polizisten bekommen Unterstützung durch eine Kollegin aus der Hauptstadt Zagreb; allerdings eilt Stascha Novak (Gerat) der Ruf einer "männerhassenden Zicke" voraus. Weil Polizeichef Kovacic (Max Herbrechter) Perica gern als Brankas Nachfolger sähe, sollen die beiden Beamten der Kommissarin das Leben so schwer wie möglich machen.

Dummerweise entpuppt sich Stascha nicht nur als ausgezeichnete Ermittlerin, die sich hartnäckig in den Fall verbeißt, sondern nach einigen Fettnäpfchen zu Beginn auch als durchaus patent, und prompt ist Perica hin und her gerissen: hier die Loyalität zur toten Chefin, dort die unmissverständliche Anweisung des Vorgesetzten, schließlich die Karriereaussichten; aber über allem die Suche nach dem Mörder.

Die kriminalistische Ebene der Geschichte ist natürlich spannend, doch die Einführung der neuen Figur setzt den eigentlichen Reizpunkt des Films, zumal die Gerüchte über Stascha Novak zunächst nicht übertrieben scheinen. Davon abgesehen spricht es für die Verantwortlichen der Reihe, dass sie Neda Rahmanian nicht einfach sang- und klanglos durch eine andere Darstellerin ersetzt haben. Jasmin Gerat ist ohnehin ein vortreffliche Wahl, aber auch die Rolle ist reizvoll; sehr sympathisch ist unter anderem die Drehbuchidee, Stascha in den Räumen der Rechtsmedizin einseitige Zwiegespräche mit ihrer Vorgängerin halten zu lassen.

Wie Branka beginnt auch sie eine Affäre mit einem Bootsbesitzer. Schade, dass der attraktive Abenteurer (Dejan Bucin) offenbar nicht ins Ensemble aufgenommen wird, obwohl er als "Trödelpirat" eine ähnlich schillernde Figur ist wie Lado.

Etwas verwirrend, zumindest für Zuschauer ohne Vorkenntnisse, könnten dagegen die kurzen Auftritte von Brankas todgeglaubtem Bruder (Goran Navojec) sein, der als finsterer Racheengel wie ein Phantom durch den Film schleicht und schließlich nach einem fesselnden Finale aller Trauer zum Trotz für ein positives Ende sorgt. Das letzte Wort hat allerdings Stascha, denn am Ende stellt sich raus, dass sie in Split einen guten Bekannten hat, mit dem sie jedoch sehr gemischte Gefühle verbindet.

Zuschauer mit kroatischem Migrationshintergrund werden mit einem gewissen Grimm zur Kenntnis nehmen, dass auf die gebürtige Iranerin Rahmanian nun eine Schauspielerin mit teilweise türkischen Wurzeln folgt. Umso mehr Freude dürften sie an den Urlaubsbildern haben; Stefan Spreer hat die Abendstimmung an der Adria-Küste wunderbar eingefangen. Zum festen "Kroatien-Krimi"-Team gehört auch Titus Vollmer, der eine sehr schöne Musik komponiert hat, allerdings für Irritation sorgt, als sich die Dramatik der Ereignisse nach der Explosion akustisch überhaupt nicht widerspiegelt.