Erfurt (epd). Während der Corona-Pandemie hat es aktuellen Forschungen zufolge eine deutliche Zunahme von Online-Psychotherapien gegeben. Viele Therapeuten hätten Bedenken gegenüber virtuellen Therapien „gezwungenermaßen“ aufgegeben, um die Versorgung ihrer Patienten zu sichern, sagte die Professorin für Psychotherapie an der Psychologischen Hochschule Berlin, Antje Gumz, dem Sender MDR Thüringen.
Diese Entwicklung offenbare die Chancen der Digitalisierung, sagte Gumz. Patienten in unterversorgten Gebieten, bewegungseingeschränkte Menschen oder auch getrenntlebende Familienangehörige könnten so besser erreicht und überhaupt psychotherapeutisch versorgt werden.
Sie warnte aber auch davor, den virtuellen Kontakt zwischen Therapeut und Patient als Allheilmittel anzusehen. In einer Online-Sprechstunde fehle „ganz viel dessen, was wirkliche menschliche Begegnung ausmacht“, sagte die Wissenschaftlerin: „Wir sollten vorsichtig sein, dass die hohe Qualität psychotherapeutischer Versorgung in Deutschland nicht einem Trend zur Ökonomisierung, also zum Sparen, zum Opfer fällt“. Ihre Forschungen hätten gezeigt, dass die Zufriedenheit der Therapeuten bei Online-Therapien gegenüber realen Gesprächen deutlich geringer sei.
Seit der Corona-Pandemie können Psychotherapeuten online durchgeführte und richtliniengemäße Behandlungen ihrer Patienten den Angaben zufolge bei den Krankenkassen vollständig abrechnen. Zuvor hatten die Kassen den Anteil der Online-Therapien in der Regel auf 20 Prozent beschränkt.