Ein glückliches Ehepaar verzweifelt an der Renovierung eines völlig maroden Hauses, hat es zudem mit komplett unfähigen Handwerkern zu tun und bewegt sich, als auch noch das Geld ausgeht, unaufhaltsam auf den Abgrund einer Ehekrise zu: Das ist als Handlung zwar weder neu noch originell, aber immer wieder schön, zumal sich dank des Sujets gleich mehrere Geschichten erzählen lassen. Das Paar begibt sich gewissermaßen auf eine gemeinsame Heldenreise, das Baugeschehen bietet stetig neue absurde Entwicklungen, und die Zeichnung der Charaktere sorgt dafür, dass auch zwischen den Hauptfiguren ständig was passiert. Allerdings entsprechen Silke und Stefan ebenfalls einem beliebten Muster: Sie ist die Stimme der Vernunft, er der große Junge, der nie richtig erwachsen geworden ist. Mit Tanja Wedhorn und Oliver Mommsen sind die beiden Rollen zwar erwartbar besetzt, doch als Team funktionieren sie ähnlich gut wie zuvor in "Reiff für die Insel: Katharina und der große Schatz" (der Film ist eine Wiederholung aus dem Jahr 2016).
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Für weitere zwischenmenschliche Verwicklungen sorgen, auch das gehört zum Komödienschema, die Nebenrollen; hier sind das neben den besserwisserischen Erzeugern (Ursela Monn und Dietrich Hollinderbäumer als Eltern von Silke, Gundi Ellert als Mutter von Stefan) vor allem der Bauleiter (Jürgen Tarrach) sowie Stefans Chef (Peter Sattmann), der dem Paar das Haus verkauft hat. Tarrach gelingt dabei das Kunststück, den unerschütterlich zuversichtlichen Schlawiner, der stets versichert, neu auftretende Kosten woanders wieder reinzuholen, als Sympathieträger zu verkörpern. Dass sein Plan, die Renovierung innerhalb von vier Wochen zu bewerkstelligen, nicht aufgegangen ist, zeigt schon die Mitteilung "Drei Monate früher" nach dem Prolog. Selbst Stefans Chef kommt gut weg, obwohl er dem Paar den ganzen Schlamassel eingebrockt hat. Dabei legt Sattmann den Mann durchaus zwielichtig an: Die Sonnenbrille, die der Chefarzt auch im Operationssaal trägt, lässt ihn gemeinsam mit dem gestutzten Bärtchen fast schon halbseiden wirken. Seltsam auch, dass Stefan ihn nie zur Rede stellt, obwohl das Haus eine Bruchbude ist, in der gleich ganze Wände einbrechen, wenn man an der Tapete zupft. Dass die Käufer die offenkundigen Mängel nicht erkannt haben und als Doppelverdiener (er ist Klinikarzt, sie Lehrerin) außerdem kaum Eigenkapital mitbringen, lässt die Geschichte auf etwas tönernen Füßen stehen.
Auch die Darstellerführung ist nicht immer perfekt. Matthias Steurer hat seine Akteure nicht daran gehindert, des Öfteren übers Ziel hinauszuschießen; dabei haben sie gegen die kleinen und großen Katastrophen am Bau mimisch und akustisch ohnehin keine Chance. Meist ist es in Filmen dieser Art sowieso wirkungsvoller, wenn das Drumherum für die komischen Effekte sorgt und die Schauspieler versuchen, ihren Figuren einen Rest an Würde zu bewahren. Star des Films, dem das ZDF mit "Handwerker und andere Katastrophen" einen einfallslosen Titel verpasst hat, der auch für ein Reality-Format stehen könnte, ist aber ohnehin das Haus. Autor Stefan Kuhlmann hat sich an der Dramaturgie von Murphys Gesetz ausgerichtet, die sich in solchen Geschichten gleichfalls schon oft bewährt hat: Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen. Geradezu liebevoll reiht das Drehbuch gemäß der Redensart "Ein Unglück kommt selten allein" ein Desaster ans nächste; deshalb platzt im Prolog nicht nur ein Wasserrohr, sondern auch Silkes Fruchtblase. Bei den verschiedenen Ereignissen erweist sich Steurer als ausgezeichneter Slapstickregisseur, zumal es ihm gerade bei den Gags mit Ansage gelingt, die Vorfreude zu schüren: Der Auftakt zum Katastrophenkarussell kündigt sich nach dem ersten Betätigen der Klospülung durch ein bedrohliches Brodeln an. Selbstredend wird Stefan schließlich kopfüber in die braune Brühe klatschen, die sich umgehend im Badezimmer ausbreitet; Mommsen lebt in solchen Szenen offenbar seine im "Tatort" aus Bremen meist unterforderte physische Seite aus, und es macht in der Tat Spaß, ihm dabei zuzuschauen.
Interessant ist auch die Farbdramaturgie (Bildgestaltung: Christoph Poppke). Zunächst sind die Bilder in warmen, freundlichen Tönen gehalten, aber als das Schicksal seinen Lauf nimmt und die Beziehung von Silke und Stefan zudem erste Risse zeigt, wird die Atmosphäre merklich kühler. Weniger subtil, aber dennoch amüsant sind auch gelungene Übergänge wie der Schnitt von den braunen Fluten im Bad zu den Bildern des Strandes, an dem Silkes Mutter ihren Mann zum Zwangsurlaub verdonnert hat. Es gibt einige hübsche Drehbuch- und Regiedetails dieser Art: Panters Handwerker zum Beispiel lässt Steurer zu Italo-Western-Musik in Zeitlupe mit klirrenden Sporen auf die Kamera zugehen, und im Sanitärfachgeschäft erledigt der kleine Sohn des Paars in aller Seelenruhe auf einem Ausstellungsstück, was man eben auf einem Klo so macht. Am Ende lässt der Junge, der dauernd von Comic-Helden redet, obwohl man ihn nie Comics lesen sieht, die Zeit still stehen. Das passt zwar nicht recht ins Gesamtbild des Films, ist aber eine originelle Überleitung zum Happy End.