Hamburg (epd). Der Lockdown im März hat die Deutschen offenbar weitaus stärker belastet als der Lockdown ein knappes Jahr zuvor. Nach einer am Mittwoch in Hamburg vorgestellten Studie der Techniker Krankenkasse (TK) fühlten sich im März 42 Prozent stark oder sehr stark durch Corona belastet. Im Mai 2020 waren es lediglich 35 Prozent. Beklagt werden vor allem fehlende persönliche Treffen (89 Prozent), Angst vor der Erkrankung von Angehörigen und Freunden (60 Prozent) sowie Stress am Arbeitsplatz (49 Prozent).
„Bei den Erwerbstätigen sind es vor allem Eltern im Homeoffice, die durch die Doppelbelastung von Arbeit und Kinderbetreuung vor einer besonders großen Herausforderung standen“, sagte der TK-Vorstandsvorsitzende Dirk Baas. So fühlte sich mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Erwerbstätigen im Homeoffice mit mindestens einem Kind stark oder sehr stark belastet. Im Mai 2020 waren es lediglich 45 Prozent. Im Homeoffice ohne Kinder hatte sich die Belastung mit jeweils 31 Prozent dagegen nicht verändert.
Die Langzeitstudie hatte das psychologische Institut der TU Chemnitz gemeinsam mit der TK erstellt. „Die Batterien sind leer“, bilanzierte Studienleiter Bertolt Meyer die Ergebnisse. Erschwerend zum beruflichen und sozialen Corona-Stress komme hinzu, dass es den Menschen durch den Lockdown lange Zeit nicht möglich gewesen sei, die eigenen Ressourcen durch private Treffen, Sport, Kultur oder Reisen wieder aufzufüllen. Meyer: „Dieses Ungleichgewicht führt auf Dauer in die Erschöpfung und in schweren Fällen sogar in den Burnout.“
Ostdeutsche sind offenbar besonders stark belastet. Mit 57 Prozent fühlten sich Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in diesem Frühjahr weitaus stärker durch die Pandemie belastet als der Bevölkerungsschnitt. Am wenigsten litten die Menschen in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit 32 Prozent, gefolgt von Berlin/Brandenburg (33 Prozent) und Bayern (37 Prozent).
Laut TK-Studie gibt es keine Hinweise auf eine grundsätzliche Verschlechterung der Gesundheit von Erwerbstätigen durch die Corona-Pandemie. Mit einem Krankenstand von 4,14 Prozent lag das Jahr 2020 sogar unter den Werten der Vorjahre. 2019 waren es 4,22 Prozent, ein Jahr davor 4,25 Prozent. Erklärt wird dies vor allem mit einer geringeren Zahl an Infektionskrankheiten. Covid-19-Diagnosen machen mit 0,39 Prozent nur einen untergeordneten Anteil am Gesamtkrankenstand aus.
Für die Befragungen wurden jeweils im Mai 2020 und März 2021 repräsentativ 1.000 Menschen vom Meinungsforschungsinstitut Forsa telefonisch befragt. Die TU Chemnitz befragte für Ihre Studie bundesweit in sechs Befragungswellen während der Pandemie mehr als 2.900 Berufstätige per Onlinefragebogen zu ihrer psychosozialen Gesundheit.