Gütersloh (epd). Die Bertelsmann Stiftung fordert, Minijobs abzuschaffen und durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ersetzen. Nach dem am Mittwoch in Gütersloh vorgestellten Reformmodell sollen Niedrigverdiener einen geringeren Beitragssatz in die Sozialversicherung zahlen als die Bezieher mittlerer und hoher Gehälter. Die Bertelsmann Stiftung verspricht sich von der Reform ein höheres Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung.
In der Corona-Krise haben nach Angaben der Stiftung 870.000 Minijobberinnen und Minijobber ihre Arbeit verloren. „Die Gefahr, arbeitslos zu werden, ist für sie rund zwölf Mal höher als für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Grund dafür ist, dass sie nicht in die Sozialversicherung einzahlen und somit keinen Anspruch auf Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld haben“, erklärte die Stiftung. Eine Reform sei daher überfällig.
Der Reformvorschlag entlastet die unteren Einkommen: Die Sozialabgaben stiegen von einem „anfangs sehr geringen Beitragssatz“ von fünf Prozent bis auf 20,2 Prozent bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1.800 Euro an. Derzeit zahlen alle Lohnbezieher einen Beitrag von rund 19,3 Prozent von ihrem Bruttolohn an die Sozialkassen.
Aktuell zahle sich häufig für Minijobber eine Arbeit über die geringfügige Beschäftigung häufig nicht aus. Denn: Nach den aktuellen Regelungen müssen Beschäftigte mit einem Verdienst von bis zu 450 Euro zwar keine Abgaben und Steuern zahlen. An dieser Grenze steigt aber die Belastung durch Sozialversicherungsabgaben sprunghaft an. Wer mehr arbeiten will, werde also bestraft. „Die heutigen Minijobs müssen so reformiert werden, dass sich mehr Arbeit auch für alle lohnt“, sagte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Minijobs sollten nur noch als Hinzuverdienstmöglichkeit beispielsweise für Studierende, Schülerinnen oder Rentner verbleiben.
Die Studienautoren prognostizieren durch die Reform einen Anstieg der Beschäftigung bis zum Jahr 2030 um 160.000 Teilzeitstellen. Bei den Vollzeitstellen stände ein Plus von 5.000, heißt es in der Studie weiter.