Mexiko-Stadt, Bogotá (epd). Bei Protesten in Kolumbien sind nach Angaben des Friedensinstituts Indepaz seit Ende April 70 Menschen getötet worden. Für 46 Tote seien Sicherheitskräfte verantwortlich. Das geht aus einem Bericht hervor, den Indepaz am Dienstag (Ortszeit) veröffentlicht hat. 72 Menschen haben demnach Augenverletzungen erlitten, die durch von Beamten geschossene Projektile verursacht wurden. 1.445 Menschen seien willkürlich verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft spricht dagegen von 54 Getöteten.
Das Nationale Streikkomitee, eine führende Kraft der Protestbewegung, erklärte am Dienstag nach 48 Tagen der Mobilisierung, die Demonstrationen würden vorübergehend ausgesetzt. Zunächst werde das Streikkomitee, das sich aus Gewerkschaften, Studenten, Indigenen und anderen Oppositionellen zusammensetzt, in einem „sozialen Dialog“ Gesetzesentwürfe erarbeiten, die man den Parlamentsabgeordneten des Landes vorlegen werde, erklärte der Präsident der Gewerkschaft CUT, Francisco Maltés. Am 20. Juli soll ein Konzert vor dem Parlament stattfinden, bei dem man die Vorschläge den Abgeordneten übergeben wolle.
Allerdings vertritt das Streikkomitee nicht alle gesellschaftlichen Gruppen, die in den vergangenen Wochen auf die Straße gegangen sind. Seit Ende April haben Kolumbianerinnen und Kolumbianer in zahlreichen Städten des Landes gegen die Regierung des Präsidenten Iván Duque protestiert. Auslöser war eine geplante Steuerreform, mit der Mehrausgaben durch die Corona-Krise ausgeglichen werden sollten. Gewerkschaften und soziale Bewegungen sahen vor allem die Ärmeren dadurch belastet, die Wohlhabenden jedoch nicht.
Duque hat die Finanzreform zurückgenommen und zudem eine Polizeireform angekündigt. Auch soll das Verteidigungsministerium, dem Polizei und Militär unterstehen, modernisiert werden. Das Streikkomitee hat seine Gespräche mit der Regierung abgebrochen, weil diese gegen Vereinbarungen verstoßen habe.