Potsdam (epd). Der kritische „Lernort Garnisonkirche“ treibt die Auseinandersetzung mit der umstrittenen Geschichte und Militärtradition der Potsdamer Garnisonkirche weiter voran. Mit neuen Beiträgen auf der eigenen Webseite werde jetzt der preußische Nationalprotestantismus in den Blick genommen, sagte Philipp Oswalt von der Lernort-Initiative am Dienstag in Potsdam. Damit zeige sich auch, dass die 1945 zerstörte und 1968 abgerissene Garnisonkirche ein „Walhalla deutscher Gotteskrieger“ gewesen sei. Ein Bruch mit dieser Tradition müsse beim derzeit laufenden Neubau des Kirchturms in der Architektur Ausdruck finden.
Die neuen Forschungsergebnisse zeigten unter anderem die Verstrickung der Garnisonkirche in die Kolonialkriege und den Völkermord an den Herero und Nama, die Verherrlichung von Gewalt und Heldentod von dort tätigen Pfarrer im Ersten Weltkrieg und Begeisterung für die NS-Machtergreifung 1933, sagte Oswalt. Die Garnisonkirche sei spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts „bitteres Beispiel für das Wirken des deutschen Nationalprotestantismus, der Antisemitismus, Frankophobie, Polenhass, völkisches Denken, Rassismus, Militarismus, Demokratiefeindlichkeit und Obrigkeitsgehorsam“ propagiert habe.
Die Garnisonkirche sei der wichtigste Symbolort des deutschen Nationalprotestantismus gewesen, sagte Oswalt. Diese Fragen kämen beim Turmbau weiter zu kurz. Anfang Oktober solle das Thema bei einer Tagung in Berlin eingehender thematisiert werden. Dazu werde auch der Kuratoriumsvorsitzende der Garnisonkirchenstiftung und Berliner Altbischof Wolfgang Huber erwartet.