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Im Interview redet Fundraising-Expertin Heike Davidson über Chancen und Grenzen alternativer Finanzierungsmodelle in der Kirche.
Fundraising ist keine Dauerlösung
Expertin Heike Davidson über Chancen und Grenzen alternativer Finanzierungsmodelle in der Kirche
Es braucht Begeisterung, ein klares Zeil und einen überschaubaren Zeitrahmen - das weiß Fundraising-Referentin Heike Davidson. Langfristig sind die Finanzlücken der bayerischen Landeskirche allein damit jedoch nicht zu stopfen. Vor allem nicht beim Personal.
26.05.2021
epd
Interview: Susanne Schröder

Frau Davidson, in welchen Bereichen nutzt die Landeskirche bislang die Möglichkeiten des Fundraisings?

Heike Davidson: Ein Schwerpunkt liegt auf der Beratung. Oft geht es um Immobilienprojekte, aber auch um Inhaltliches wie beispielsweise neuer Schwung für die Jugendarbeit. Wir helfen, vor Ort Menschen für ein Fundraising-Team zu gewinnen. Wo das strukturell nicht möglich ist, steigen wir selbst ins operative Geschäft ein - derzeit zum Beispiel bei der Nürnberger Orgelwoche, den oberfränkischen Markgrafenkirchen oder dem Format "Konfi-Camp". Ein weiterer Bereich ist das Kirchgeld: Wir helfen Gemeinden, ihre verschiedenen Zielgruppen so anzusprechen, dass sie mehr Menschen für ihre Arbeit begeistern können. Dabei lernen auch die Gemeinden etwas über Zielgruppen, die sie bislang vielleicht gar nicht im Blick hatten.

Für welche Bereiche eignen sich Fundraising-Maßnahmen besonders gut?

Davidson: Menschen lassen sich gut für die Gestaltung von Lebensbereichen gewinnen, in denen andere Menschen direkt profitieren. Auch Orgel- oder Chormusik finden häufig genügend Unterstützer. Bei Bausachen kommt es darauf an: Die Leute spenden lieber für Dachziegel oder Kirchenbänke als für die jährlichen Heizkosten oder neue Elektroleitungen. Da muss man halt dann klar machen, warum auch die Kabel wichtig sind.

"Man darf sich nicht mit Extras aufhalten""

Kann man Projekte ganz ohne Eigenmittel, nur mithilfe von Fundraising stemmen?

Davidson: Das hängt ab von den Gesamtkosten und der Begeisterungsfähigkeit der Menschen. Da muss dann schon Power und Schwung dahinter sein und am besten ein überschaubarer Zeitrahmen. Dauerfinanzierungen sind schwierig, leichter geht es, wenn man weiß: In fünf Jahren sind wir am Ziel.

Was braucht es für erfolgreiches Fundraising?

Davidson: Man darf sein Ziel nicht aus den Augen verlieren und sich auf dem Weg dorthin nicht mit Extras aufhalten. Es muss immer klar sein: Worum geht es? Für wen machen wir das: für uns oder für die Menschen? Außerdem sollte man sich ethische Richtlinien geben: Spenden von Rüstungsfirmen sind als Kirche schwer vermittelbar. Und wer einen kompletten Kindergartenspielplatz spendieren will, wenn er dafür im Gegenzug Platzgarantie für alle Enkel bekommt, sollte auch freundlich darauf verwiesen werden, dass das nicht geht.

"Man hat ja auch Verantwortung für Angestellte"

Die bayerische Landeskirche muss in den nächsten Jahren Millionen einsparen. Viele inhaltlich wichtige Stellen werden ganz oder teilweise gestrichen. Oft schwingt die Botschaft mit: Wir werden die Arbeit trotzdem weiterführen, durch Kooperationen oder Stiftungen. Wie realistisch ist diese Hoffnung?

Davidson: Man kann Stellen sicher kurzfristig mit Fundraising überbrücken, mithilfe von Stiftungen und Kooperationen vielleicht auch mittelfristig. Ich wäre aber skeptisch, sich zu 100 Prozent auf Fundraising zu verlassen - man hat ja auch eine Verantwortung der angestellten Person gegenüber, die sich Gehaltssicherheit wünscht. Ehrlicherweise muss man sagen: Eine permanente Stellenfinanzierung ist über klassisches Fundraising eher nicht möglich. Aber Fundraising kann helfen, die kirchlichen Finanzen von einer anderen Seite her zu entlasten: indem Immobilien verkauft oder konzentriert werden und man bei Sanierungen stärker öffentliche Mittel einwirbt. So bleibt mehr Geld für die inhaltliche Arbeit.

Würde es bei Stellenfinanzierungen helfen, wenn die Kirche noch einen gewissen Anteil aus Eigenmitteln finanziert?

Davidson: Auf jeden Fall ist es dann leichter! Fundraising braucht ja auch einen gewissen Vorlauf und Investitionen, zum Beispiel in Spendenbriefe oder ähnliches. Das alles ohne Geld in einem schmalen Zeitfenster auf die Beine zu stellen, ist schon sehr herausfordernd. Wenn Kirche einen Grundsockelbetrag beisteuert, ist es realistischer - und auch fairer.

Hätten die Fundraiser der Landeskirche denn die nötigen Ressourcen, um jetzt in Stellenfinanzierungen einzusteigen?

Davidson: Man kann nie genug Fundraiser haben. Aber es wäre ja kontraproduktiv, neue Stellen einzufordern, wenn sie anderswo abgebaut werden müssen. Natürlich haben wir alle genug zu tun. Aber wir arbeiten gut zusammen und deshalb: Ja, wir stehen bereit. Bislang ist aber noch niemand konkret an uns herangetreten.