Münster (epd). Im Kindesmissbrauchsverfahren von Münster hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Mutter eines Opfers erhoben. Das passive Verhalten der Frau werde als Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern durch Unterlassen bewertet, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Münster mit. Die 31-jährige Angeschuldigte soll von den schweren Missbrauchshandlungen ihres Lebensgefährten an ihrem Sohn gewusst haben, jedoch nichts unternommen haben. Der Lebensgefährte soll den damals zehnjährigen Jungen selbst missbraucht und ihn auch weiteren Komplizen zum Missbrauch überlassen haben.
Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll die im Februar festgenommene Mutter spätestens seit Oktober 2018 davon gewusst haben, dass ihr Lebensgefährte ihren Sohn wiederholt schwer sexuell missbraucht haben soll. Der in einem gesonderten Verfahren angeklagte Mann soll ihr die Taten während eines gemeinsamen Urlaubs eingestanden haben. Die Frau habe die Beziehung darauf nicht beendet, sondern soll weitere Übergriffe geduldet haben. Zudem wirft die Staatsanwaltschaft der Frau vor, in Anwesenheit ihres Sohnes sexuell motivierte Handlungen an ihrem Lebensgefährten sowie auch an dem Kind vorgenommen zu haben.
Die Frau soll laut Staatsanwaltschaft auch zahlreiche Reisen ihres Lebenspartners mit ihrem Kind ohne ihre Begleitung sowie diverse Treffen des Hauptbeschuldigten mit weiteren Tatverdächtigen geduldet haben. Während dieser Reisen und diesen Treffen soll es ebenfalls zu schweren sexuellen Missbrauchshandlungen des heute 28-jährigen Münsteraners und anderer Männer an dem Jungen gekommen sein.
Nicht nachzuweisen sei der Frau jedoch, dass sie auch von den Missbrauchstaten anderer Männer gegenüber ihres Kindes gewusst habe, hieß es. Die Angeschuldigte, die in Untersuchungshaft sitzt, habe sich zu den Vorwürfen bislang nicht geäußert. Die Staatsanwaltschaft stützt sich in ihrer Anklageschrift auf Aussagen eines weiteren Tatverdächtigen sowie auf die Auswertung zahlreicher Datenträger. Über die Zulassung der Anklage entscheidet das Landgericht Münster.
In dem im Juni 2020 bekanntgewordenen Münsteraner Missbrauchsfall gilt ein IT-Spezialist als Hauptverdächtiger, der wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material vorbestraft war. Die Ermittler hatten bei dem Mann Datenträger mit kinderpornografischem Material im Umfang von insgesamt rund 400 Terrabyte gefunden. Bei Durchsuchungen waren Verdächtige in Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen festgenommen worden.