Kassel (epd). Jobcenter können bei überzahlten Hartz-IV-Leistungen an eine unter Betreuung stehende Person nicht den Betreuer in Haftung nehmen. Geht die Überzahlung im Wesentlichen auf eine fehlerhafte Bearbeitung des Arbeitslosengeld-II-Antrags durch das Jobcenter zurück, muss der Betreuer auch bei einer unterbliebenen Prüfung von Geldeingängen beim Betreuten nicht haften, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 4 AS 66/20 R)
Konkret ging es um einen unter Betreuung stehenden Arbeitslosen, der nach dem Ende einer zweijährigen sozialversicherungspflichtigen Ausbildung im September 2012 einen Hartz-IV-Antrag stellte. Im Antrag, den auch der Betreuer unterschrieb, wurden weitere Einkünfte wie Arbeitslosengeld I verneint.
Der Arbeitslose hatte jedoch zeitgleich auch bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf Arbeitslosengeld I gestellt - offenbar ohne Wissen seines Betreuers. Monate später erfuhr das Jobcenter von der Arbeitslosengeld I-Zahlung. Bis dahin hatte die Behörde bereits 3.824 Euro zu viel an Hartz-IV-Leistungen gezahlt. Da von dem Hartz-IV-Bezieher nichts zu holen war, forderte das Jobcenter das Geld vom Betreuer zurück.
Dieser habe es versäumt, die Kontoauszüge des Mannes zu prüfen. Sonst hätte er die Arbeitslosengeld-I-Zahlung entdecken und das Jobcenter rechtzeitig informieren können.
Doch der wesentliche Fehler lag in der Sachbearbeitung des Jobcenters, urteilte das BSG. Denn die Behörde habe von der vorherigen sozialversicherungspflichtigen Ausbildung gewusst. Danach sei es klar gewesen, dass die betreute Person in jedem Fall einen Arbeitslosengeld-I-Anspruch gehabt habe. Das Jobcenter hätte auf den entsprechenden Arbeitslosengeld-I-Antrag hinweisen müssen oder diesen sogar selbst stellen können. Da das Fehlverhalten des Jobcenters das Fehlverhalten des Betreuers überwiege, müsse dieser nicht haften.