Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den 6. Armuts- und Reichtumsbericht gebilligt und damit die Berichterstattung der Regierung zur sozialen Lage in Deutschland fortgesetzt. Politik und Verbände ziehen unterschiedliche Schlussfolgerungen aus dem umfangreichen regierungsamtlichen Datenreport.
Dem Bericht zufolge lebt der überwiegende Teil der Bevölkerung in stabilen sozialen Verhältnissen. Bis zum Beginn der Corona-Pandemie sind laut Bericht die Verdienste auch im unteren Bereich gestiegen.
Zugleich zeichnet sich aber seit Jahren eine Verfestigung der Armut in unteren Bevölkerungsschichten ab. Für Langzeitarbeitslose und Menschen in prekären Jobs gebe es zu wenige Aufstiegsmöglichkeiten, bilanzierte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
Erste Daten über die Folgen der Corona-Pandemie zeigen, dass Gering- und Durchschnittsverdiener die stärksten Einbußen haben. Knapp ein Drittel der einkommensärmsten Haushalte gaben in Befragungen an, sie könnten kaum noch die laufenden Ausgaben decken. Dem Bericht zufolge haben allerdings die Corona-Sozialpakete und das großzügigere Kurzarbeitergeld eine weitere Verarmung gebremst.
Sozialverbände wiesen besonders auf die starke Vermögensungleichheit in Deutschland und die anhaltende Verfestigung der Armut hin. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie betonte, Haushalte im unteren Drittel hätten kaum noch eine Perspektive: „Einmal arm heißt meist immer arm“, kritisierte Lilie. Er forderte neben der ökologischen auch eine „sozialpolitische Wende“.
Der Deutsche Caritasverband erklärte, besonders ernüchternd sei die Verfestigung der Armut für Kinder, die auch als junge Erwachsene zu einem großen Anteil weiter in Armut lebten. Ihnen müsse so früh wie möglich geholfen werden. Dem Armutsbericht zufolge bleiben 70 Prozent der Haushalte, die als arm gelten, auch in den kommenden fünf Jahren in dieser Lage.