Dubai, Neu-Delhi (epd). Inmitten der bedrückenden Corona-Lage in Indien warnen Experten bereits vor einer dritten Welle. Eine weitere Infektionswelle sei „unvermeidlich“, erklärte der oberste wissenschaftliche Berater der Regierung, K. Vijay Raghavan, laut „Indian Express“ vom Donnerstag. Die Frage sei nur wann. Indien meldete erneut einen Höchststand bei den Corona-Neuinfektionen - mit 412.262 Fällen binnen eines Tages. Die Zahl der Corona-Todesfälle stieg laut Zahlen des Gesundheitsministeriums um 3.980 auf über 220.000. Seit Beginn der Pandemie verzeichnet Indien mehr als 20 Millionen Corona-Infektionen.
Weiterhin erschwert ein eklatanter Mangel an medizinischem Sauerstoff die Versorgung von Corona-Patienten in den überlasteten Kliniken. Der indische Industrieverband FICCI kritisierte laut dem Sender NDTV in einem Brief die Zentralregierung mit dem Vorwurf, dass 40.000 Beatmungsgeräte, die im vergangenen Jahr im Zuge eines Hilfsprogramms der Regierung hergestellt worden seien, ungenutzt in staatlichen Lagerhallen lägen. Auch das Oberste Gericht mahnte die Zentralregierung an, die Logistik für Sauerstofflieferungen und andere medizinische Güter zu verbessern. Berichten zufolge geht auch die Verteilung von Hilfsgütern aus dem Ausland nur schleppend voran.
Die Obersten Richter regten außerdem an, Medizinstudenten und Pflegeschüler im letzten Semester, ab sofort als Ärzte und Pfleger einzusetzen. „Wir brauchen einen Plan für die dritte Welle“, betonte das Gericht. Außerdem kritisierten die Richter die Sauerstoffzuteilung für die Hauptstadt Neu-Delhi als völlig unzureichend.
Die Gesundheitsbehörden in den Bundesstaaten klagen außerdem weiter über ein Mangel an Impfstoff. Nicht einmal zwei Prozent der indischen Bevölkerung von über 1,3 Milliarden Menschen sind bislang vollständig immunisiert. Knapp zehn Prozent der Inder haben eine Impfdose erhalten. Bei dem jetzigen Tempo wäre Schätzungen zufolge Indiens Impfkampagne erst 2023 abgeschlossen.