Berlin (epd). Aus dem vor zwei Jahren gestarteten Hilfsfonds für Opfer der deutschen Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile sind inzwischen mehr als 600.000 Euro geflossen. Wie der Evangelische Pressedienst (epd) aus dem Auswärtigen Amt in Berlin erfuhr, erhielten bislang 95 Personen jeweils 7.000 Euro.
Das Hilfskonzept einer Gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesregierung war im Mai 2019 vorgestellt worden. Als Zeichen der Anerkennung ihrer Leidensgeschichte erhalten die Opfer demnach finanzielle Unterstützung: Bis zu 10.000 Euro pro Person können ausgezahlt werden. Die Gesamtkosten werden auf 3,5 Millionen Euro für rund fünf Jahre beziffert.
Organisiert wird das Ganze von der Internationale Organisation für Migration (IOM). Nach Angaben aus Ministeriumskreisen hat die Organisation bislang rund 170 Gespräche mit Betroffenen geführt.
Die Colonia Dignidad diente während der Militärdiktatur in Chile (1973-1990) als Folterzentrum des Geheimdienstes. Die Sektensiedlung sorgte auch wegen Fällen sexuellen Missbrauchs und illegalen Waffenhandels für Schlagzeilen. Sekten-Gründer Paul Schäfer starb 2010 in chilenischer Haft.
Die Überlebenden leiden bis heute unter den Folgen der Gewalt, des Missbrauchs und der Sklavenarbeit. Das Auswärtige Amt erkennt an, dass deutsche Diplomaten zu wenig für den Schutz ihrer Landsleute getan haben. Rechtliche Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland sind nach Meinung der Bundesregierung aber dadurch nicht entstanden.
Mit den Hilfen sollen die Folgen gemildert werden, die den Betroffenen durch ihren Aufenthalt in der Siedlung entstanden sind. Finanziert werden etwa Psychotherapien oder Leistungen zur Vorsorge und Rehabilitation, zur Pflege oder zur Weiterbildung. Das Angebot richtet sich an die deutschen Bewohner der Colonia Dignidad sowie an die chilenischen Staatsbürger, die als Kinder dort lebten. Straftäter sind von den Leistungen ausgeschlossen.