Kassel (epd). Das Amt eines ehrenamtlichen Bürgermeisters ist nicht automatisch sozialversicherungsfrei. Ist der Bürgermeister weisungsbefugt, in die Verwaltungsabläufe der Kommune stark eingebunden, und liegt die von der Kommune gewährte Aufwandspauschale über dem tatsächlichen Arbeitsaufwand, spreche dies für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht. Das Urteil der Kasseler Richter führt dazu, dass Kommunen bei der Zahlung von Aufwandsentschädigungen künftig genau hinsehen müssen, ob Sozialversicherungsabgaben fällig werden. (AZ: B 12 R 8/20 R)
Im Streitfall ging es um einen ehrenamtlichen Bürgermeister der Stadt Zahna-Elster im Landkreis Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Dieser erhielt von der Kommune eine monatliche Aufwandspauschale in Höhe von 1.200 Euro. Sozialversicherungsabgaben hatte die Stadt hierauf nicht entrichtet.
Nach einer Betriebsprüfung forderte die Deutsche Rentenversicherung Bund auf zwei Drittel dieses Beitrages Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie Umlagen. Die Aufwandspauschale habe Entgeltcharakter. Der Bürgermeister sei Dienstvorgesetzter gegenüber sechs Mitarbeitern, was auf eine Eingliederung in die Verwaltungsstruktur hindeute.
Die Kommune bestritt eine Sozialversicherungspflicht. Es liege kein Arbeitsverhältnis vor. Rechte und Pflichten würden sich aus der Stellung des Bürgermeisters ergeben, nicht aus einem Arbeitsvertrag. Das Bundessozialgericht habe zudem am 16. August 2017 entschieden, dass auch Verwaltungsaufgaben zu einem Ehrenamt zählen könnten, ohne dass sofort eine Sozialversicherungspflicht bestehe (AZ: B 12 KR 14/16 R)
Die obersten Sozialrichter urteilten nun, dass es auf das Gesamtbild ankomme. "Der Status als Ehrenbeamter schließt eine abhängige Beschäftigung aber nicht aus", so das Gericht. Im konkreten Fall sei die Rentenversicherung zu Recht von einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ausgegangen. So sei der Bürgermeister nicht nur fest in die Verwaltungsstrukturen der Stadt eingebunden, sondern auch weisungsbefugt gewesen.
Für eine abhängige Beschäftigung sprächen auch die Zahlung eines festen Pauschalbetrages und die Höhe der Aufwandsentschädigung. Diese gingen angesichts einer wöchentlichen Arbeitszeit von unter 18 Stunden über den bloßen Ersatz der tatsächlich angefallenen Aufwendungen hinaus.