Osnabrück (epd). Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland fordern eine baldige Komplett-Aufhebung der Impfpriorisierung für alle Vakzine. "Spätestens in zwei, drei Wochen sollte die Priorisierung aufgehoben werden, da erwarten wir ein klares Signal des Impfgipfels", sagte Dirk Heinrich, Vorsitzender des Ärzteverbandes Virchowbund, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Sonntag). "Wenn die Gruppe 2, also die 70- bis 80-Jährigen und schwer Vorerkrankten, weitgehend durchgeimpft ist, braucht es die Freigabe. So weit sind wir Mitte Mai." Bund und Länder wollen am Montag einen Impfgipfel abhalten.
Ein Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), im Laufe des Junis die Priorisierung aufzuheben, komme "viel zu spät", sagte Heinrich. Ab Mai gehe es um 1,5 Millionen Impfdosen pro Woche für die niedergelassenen Ärzte, ab Juni seien es bis zu 3,5 Millionen Dosen. "Schon für das Impfen allein müssen die Praxen zusätzliche Sprechstunden anbieten. Kommt dann noch die Suche nach den Berechtigten hinzu, wäre das schlicht nicht mehr zu stemmen", warnte er. "Also: Fällt die Priorisierung nicht schnellstens weg, bürokratisieren wir uns einen Impfstau herbei."
Für die Praxen bedeute es einen enormen Zeitverlust, die Patienten zu identifizieren, die eher dran sein sollten als andere, erläuterte Heinrich. Kein Arzt habe jeden vorerkrankten Patienten im Kopf: "Und das alles kommt ja zur eigentlichen Aufgabe der niedergelassenen Ärzte hinzu, nämlich die Kranken zu versorgen."
Weiter forderte Heinrich mehr Freiheiten für Geimpfte. "Der Impfgipfel sollte unbedingt beschließen, dass Geimpfte den Negativ-Getesteten gleichgestellt werden." Von Zweifach-Geimpften gehe "vermutlich ein deutlich geringeres Risiko aus als von Menschen mit negativem Schnelltestergebnis".
Außerdem sollten zügig Lockerungen erfolgen: "Zumindest die Außengastronomie kann umgehend für negativ Getestete und Geimpfte geöffnet werden", sagte Heinrich. An der frischen Luft fänden praktisch keine Ansteckungen statt. Geimpfte sollten auch wieder ins Museum gelassen werden: "All das hilft schon enorm, den Lockdown-Stress abzubauen, unter dem Millionen Menschen leiden."