Mezgin-Prozess: Staatsanwaltschaft lässt Mordanklage fallen
Große Strafkammer hört vor Plädoyers spontan weitere Zeugen
Wende im Mezgin-Prozess: Die Anklage hat im Prozess gegen einen 46-jährigen Syrer vor dem Aschaffenburger Landgericht die Mord-Anklage fallen gelassen. Der Mann muss sich seit Anfang März vor Gericht wegen des Todes seiner Tochter verantworten.
21.04.2021
epd
Von Daniel Staffen-Quandt (epd)

Aschaffenburg (epd). Was Prozessbeobachter seit einigen Verhandlungstagen schon erwartet hatten, ist nun eingetreten: In ihrem Plädoyer haben die Vertreter der Staatsanwaltschaft den Mord-Vorwurf gegen einen 46-jährigen Syrer am Mittwoch fallengelassen. Der Mann muss sich seit 4. März vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg verantworten, weil er im Mai 2017 seine Tochter getötet haben soll. Diese Tat allerdings ist ihm nach Aussage der Staatsanwaltschaft nicht nachzuweisen. Es sei bedauerlich, dass der Tod der jungen Frau "ungesühnt bleibt". Für den versuchten Mord am Freund der Frau fordert die Anklage elf Jahre Haft.

Die Große Strafkammer des Landgerichts war am Mittwoch noch einmal überraschend in die am vergangenen Freitag geschlossene Beweisaufnahme eingetreten. Grund dafür waren zwei zusätzliche Zeugenvernehmungen, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Einer der beiden vernommenen Zeugen ist ein Mithäftling des 46-jährigen Angeklagten. Der Zeuge habe am Dienstag in seinem eigenen Verfahren ausgesagt, dass der Syrer ihm gegenüber den Mord an seiner Tochter gestanden habe. Am Mittwoch sollten eigentlich nur noch Plädoyers von Anklage, Nebenklage und Verteidigung gehalten werden, für Donnerstag wurde das Urteil erwartet.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, im Mai 2017 seine Tochter Mezgin heimtückisch erstochen und die Leiche in einem Waldstück verscharrt zu haben. Vermeintlich, "um seine Ehre wiederherzustellen", hieß es zum Prozessauftakt seitens der Anklage. Der Angeklagte soll Mezgin am 4. Mai 2017 an ihrer Schule abgepasst haben, um sie mit nach Hause zu nehmen. Ihr 13-jähriger Stiefbruder saß mit im Auto. In einem Waldstück soll der Vater dann den damals strafunmündigen Sohn aufgefordert haben, Mezgin zu töten - oder es auch selbst getan haben. Der Syrer hat sich zu den Vorwürfen vor Gericht nicht geäußert.

Hashem N., der mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet war, sei mit dem "Lebenswandel" Mezgins nicht einverstanden gewesen - vor allem nicht mit ihrer sexuellen Beziehung zu dem damals 23-jährigen Shekho R., erklärte die Anklage. Weil viele Zeugen gar nicht vor Gericht erschienen waren - darunter beispielsweise der Sohn des Angeklagten oder Mezgins Mutter -, stützte sich die Anklage weitgehend auf Behördenprotokolle und frühere verschriftlichte Zeugenaussagen. Prozessbeobachter hatten deshalb schon seit einigen Verhandlungstagen Zweifel geäußert, ob die Mordanklage von der Staatsanwaltschaft aufrecht erhalten werden kann.

Am Ende bleibt die Anklage wegen versuchten Mordes an Mezgins damaligem Freund übrig, dem Hashem N. in den Hals gestochen haben soll. Auch die Nebenklage hielt am Mittwoch ihr Plädoyer, einen konkreten Antrag stellte sie jedoch nicht. Die Verteidigung folgt mit ihrem Plädoyer dann am Donnerstag. Mit einem Urteil ist deshalb frühestens am Donnerstagnachmittag zu rechnen.