Emden (epd). Im Umgang mit dem Coronavirus in Deutschland haben bisherige Versäumnisse nach Einschätzung der Emder Gesundheitswissenschaftlerin Jutta Lindert fatale Folgen. "Zögerliches Handeln, inkonsequentes Handeln und on/off-Systeme sind kontraproduktiv in der Wirkung und führen von den Ergebnissen her nicht zu Vertrauen in solches Handeln", kritisierte die Professorin und Beraterin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Samstag im Gespräch mit dem NDR. Es habe kein erprobtes Vorsorgehandeln im Arbeitsfeld von Infektionsepidemiologie gegeben.
"Bei Viruserkrankungen ist es wichtig, schnell zu sein und kontinuierlich zu wirken", sagte die Expertin: "Das ist als einfach vermittelbares Beispiel wie bei einem Hochwasser-Dammbruch." Das Virus verbreite sich ja ununterbrochen. "Um schnell Maßnahmen zu ergreifen, da waren viele Länder unvorbereitet."
Noch sei es zu früh für Aussagen zu der Frage, wann sich die Gesellschaft von der Pandemie erholt habe, ergänzte Lindert. Wichtig sei, jetzt bereits daran zu denken, wie Widerstandskraft weiter gestärkt und unterstützt werden könne: "Unterstützung von Resilienz auf individueller und auf kollektiver Ebene könnte das Anpassen an die neue Realität erleichtern." Unter Resilienz wird die Fähigkeit verstanden, auf Herausforderungen und Veränderungen so zu reagieren, dass eine Krise besser oder sogar unbeschadet überstanden werden kann.
Lindert ist seit 2013 Professorin im Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit an der Hochschule Emden/Leer. Ihre Forschungsinteressen liegen insbesondere im Bereich der öffentlichen Gesundheitspflege. Dieses Jahr ernannte sie die WHO zur Beraterin im Themenbereich "Mental Health und Covid-19". Dabei geht es um den Zusammenhang zwischen Corona-Pandemie und psychischer Gesundheit.