Berlin (epd). In der ersten Phase von Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 hat die Polizei einen Anstieg von häuslicher und Partnerschaftsgewalt verzeichnet. Wie der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, am Donnerstag in Berlin sagte, stieg die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt um 6,6 Prozent, die von Partnerschaftsgewalt um vier Prozent. Er gehe aber unter anderem wegen des Dunkelfelds davon aus, "dass dies nicht die gesamte Wahrheit" sei, betonte Münch. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte eine genauere Auswertung für den Herbst an.
Münch, dessen Behörde am Donnerstag die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik veröffentlichte, erläuterte, die Statistik habe eine zeitliche Verzögerung, weil sie die Zahl der bearbeiteten Fälle wiedergibt. Man könne davon ausgehen, dass rund 25 Prozent der Fälle nicht in dem Jahr passiert seien. Zudem würden Fälle häuslicher oder Partnerschaftsgewalt unter anderem wegen Schamgefühlen oftmals erst später angezeigt, sagte Münch. Zugleich machten Münch und Seehofer deutlich, dass sie von einem großen Dunkelfeld ausgehen.
Deswegen sollen die Daten noch einmal genauer durch das Bundeskriminalamt ausgewertet werden, wie Seehofer sagte. BKA, sein Ministerium und das Haus von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hätten eine repräsentative Befragung zu Gewalt im häuslichen Umfeld gestartet, erklärte er. Münch schränkte zugleich ein, dass sich wegen der zeitlichen Verzögerung in der Statistik zum zweiten sogenannten Lockdown im Winter nur schwer Aussagen machen ließen.