Seine größten Ideengeber und auch Kritiker sind seine vier Kinder. "Warum wird der Müll heute nicht abgeholt?", fragt Theo (7), als der große Lkw einmal nicht vorbeikommt. "Sind die Müllmänner an Corona gestorben?" Stefan Mendling, der neue Beauftragte der pfälzischen Landeskirche für Gottesdienste mit Kindern und Familien, muss lachen, als er die Anekdote erzählt. Und doch, so sagt der 41-jährige Pfarrer, geht es bei der Frage seines Sohnes genau darum, was die Arbeit mit Kindern in der Kirche ausmacht. "Wir müssen Kindern zuhören, was sie bewegt und was sie wollen. Und wir müssen sie und ihre Familien besser in unserer Kirche beteiligen."
Seit Anfang Februar ist der Theologe aus dem südpfälzischen Annweiler für das neue Pfarramt zuständig, das seinen Sitz von Kaiserslautern nach Landau verlegt. Eine "Mitmach-Kirche" schwebt Mendling vor, der zuletzt Rundfunkredakteur beim Evangelischen Presseverband der Pfalz in Speyer war. Zudem war er Beauftragter der Landeskirche für die Verkündigung im privaten Rundfunk.
"Familienarbeit liegt in vielen Gemeinden am Boden"
Doch statt Kinder ernst zu nehmen, Impulse aus ihrer Lebenswirklichkeit aufzunehmen und von ihnen zu lernen, werde vor allem in Gesellschaft und Politik über ihre Köpfe hinweg entschieden, kritisiert Mendling. Das sei ganz und gar nicht im Sinne von Jesus Christus: Mit der Forderung "Lasset die Kinder zu mir kommen" habe Jesus schon vor 2.000 Jahren seine Zeitgenossen überrascht und herausgefordert.
Kinder seien ihre eigenen Theologen, sagt Mendling. Ihre religiösen Fragen nach Gott und dem Lebenssinn müssten mehr Eingang finden in die Kirche, vor allem während des Corona-Lockdowns. Häufig bekomme das junge Publikum derzeit bei vielen digitalen Angeboten etwas vorgesetzt und könne sich kaum selbst einbringen. Doch wegen der Pandemie "liegt die Kindergottesdienst- und Familienarbeit in vielen Kirchengemeinden am Boden", sagt Mendling. Für junge Familien sei die Hemmschwelle derzeit sehr groß, Präsenzgottesdienste zu besuchen.
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Über die Krisenzeit könnten digitale Kindergottesdienste einigermaßen hinweghelfen, sagt der Pfarrer. Regelmäßig gestaltet er gemeinsam mit seinen Kindern heimische "Sofagottesdienste" mit der Schnecke "Fienchen", einer Handpuppe. Die Texte schreibt seine Tochter Luise (9). Zu sehen sind die Clips auf Youtube und Instagram. Auf einer neuen Internet-Plattform können unter "kinder-familien-kirche.de" neuerdings alle Interessierten ihre Ideen für kreative Gottesdienste mit Kindern und Familien austauschen und sich vernetzen.
"Viele haben Urvertrauen verloren"
Doch um wirklich "Kirche mit Kindern" sein zu können, müsse der Corona-Spuk erst vorbei sein, sagt Mendling. "Die Kinder leiden unter den Kontaktbeschränkungen am meisten", weiß der Familienvater. "Viele haben ihr Urvertrauen verloren." Gerade für die Kleinen im Kindergarten- und Grundschulalter seien persönliche Begegnungen und Beziehungen unverzichtbar. Das gemeinsame Singen, Beten, aber auch das Spielen und Basteln in den Gottesdiensten schaffe Nähe und gebe Geborgenheit.
Wie Kindergottesdienste besser gelingen können, will Mendling als Ansprechpartner auch mit Fortbildungen in der Pfalz und Saarpfalz vermitteln. Dafür sei ein "Neustart" in den Kirchengemeinden nötig. Die Kirche dürfe nicht ihre "Riesenchance" verpassen, die Kinder und ihre oft kirchenfernen Eltern für sich zu gewinnen, betont der Kindergottesdienst-Experte. "Sie muss ihnen das verlorene Urvertrauen zurückgeben: dass Gott sie hält und liebhat."