Berlin/Karlsruhe (epd). Aus für den Berliner Mietendeckel: Das Bundesverfassungsgericht hat die Deckelung der Mieten in der Hauptstadt gekippt. Sozial- und Mieterorganisationen sowie SPD, Grüne und Linke erhoben daraufhin Forderungen nach weiteren bundeseinheitlichen Regeln gegen stark steigende Mieten in Ballungsräumen. Zustimmung zum Karlsruher Beschluss kommt hingegen vor allem von der Wohnungswirtschaft sowie von CDU/CSU und FDP.
Die Karlsruher Richter hatten in der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung den wegen stark steigender Mieten vor einem Jahr in der Hauptstadt eingeführten Mietendeckel für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Zur Begründung wurde auf die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Begrenzung von Mieten verwiesen. Diese liege ausschließlich beim Bundesgesetzgeber. Das Anfang 2020 für Berlin verabschiedete Mietendeckel-Gesetz sah ein weitgehendes Verbot von Mietsteigerungen für fünf Jahre vor.
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) begrüßte die Entscheidung. Der Mietendeckel sei baupolitisch der völlig falsche Weg gewesen. "Er hat für Unsicherheit auf den Wohnungsmärkten gesorgt, Investitionen ausgebremst und keine einzige neue Wohnung geschaffen", erklärte Seehofer.
Berlins Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) sagte, es sei nun Aufgabe des Bundes, "entweder ein wirkungsvolles Mietpreisrecht zu schaffen, das die soziale Mischung in den Städten sichert, oder aber den Ländern die Kompetenz dafür zu übertragen". Weitere Vertreter der Berliner Linkspartei sowie der Grünen in der Hauptstadt sprachen von einem Rückschlag für eine soziale Wohnungspolitik.
Der Berliner CDU-Fraktionschef Burkard Dregger forderte einen Härtefall-Fonds für Mieter, die wegen finanzieller Nachforderungen durch Vermieter in Bedrängnis kommen. Der Berliner CDU-Politiker Jan-Marco Luczak, der die erfolgreiche Normenkontrollklage von 284 Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP gegen den Mietendeckel koordiniert hatte, forderte "ein breites Bündnis für mehr bezahlbaren Wohnraum", eine "radikale Entschlackung der Bauordnung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren".
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, sprach von einem "schwarzen Tag für Mieter und Mieterinnen in Berlin, die von zu hohen Mietzahlungen und Verdrängung bedroht sind, und leider ein guter Tag für Mietenzocker". In den Zeitungen des "RedaktionsNetzwerks Deutschland" forderte er den Bund auf, einen bundesweiten Mietendeckel auf den Weg zu bringen. Auch Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten nannte die Gerichtsentscheidung einen "Weckruf an den Bundesgesetzgeber endlich zu handeln".
Die Diakonie erklärte, mit dem Urteil trage der Bund die Verantwortung dafür, dass Millionen Mieterinnen und Mieter eine bezahlbare Wohnung finden oder behalten können. Bezahlbarer Wohnraum sei eine Kernaufgabe der Daseinsvorsorge im Sozialstaat, betonte die Diakonie-Vorständin für Sozialpolitik, Maria Loheide. Die Berliner Diakonie-Direktorin Barbara Eschen erklärte, niemand dürfe jetzt über den gekippten Mietendeckel fallen. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen äußerte sich dagegen erleichtert, "dass das oberste deutsche Gericht in dieser wichtigen Frage für Rechtssicherheit gesorgt hat".