Karlsruhe (epd). Der Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig und nichtig. Wie das Bundesverfassungsgericht in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschied, war das Land Berlin nicht befugt, die gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung der Mieten in der Bundeshauptstadt zu erlassen. Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht abschließend geregelt habe, bleibe den Ländern für eine Gesetzgebungsbefugnis kein Raum, erklärten die Karlsruher Richter. (AZ: 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20 und 2 BvL 5/20)
Damit hatte der von 284 Abgeordneten der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP sogenannte abstrakte Normenkontrollantrag beim Bundesverfassungsgericht Erfolg. Auch über zwei Richtervorlagen des Landgerichts und des Amtsgerichts Berlin haben die Verfassungsrichter damit entschieden. Da der Bundesgesetzgeber die Miethöhe für ungebundenen, also nicht preisgebundenen Wohnraum abschließend geregelt hat, dürfe der Landesgesetzgeber hier keine neuen Gesetze erlassen.
Stein des Anstoßes war der am 23. Februar 2020 im Land Berlin in Kraft getretene Mietendeckel. Angesichts deutlicher Mietensteigerungen in Berlin hatte der rot-rot-grüne Senat die Mieten für auf dem freien Wohnungsmarkt angebotenen Wohnraum auf den Stand vom 18. Juni 2019 eingefroren. So sollte für rund 1,5 Millionen Berliner Wohnungen die Miete bezahlbar bleiben, war die Begründung. Außerdem wurde eine Mietobergrenze bei Wiedervermietungen eingeführt. Seit dem 23. November 2020 sind danach Mietpreise verboten, die die jeweilige gesetzliche Höchstgrenze um mehr als 20 Prozent übersteigen. Von 2022 an sollten Mieten höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen.
Bei Zuwiderhandlungen drohte Vermietern eine Geldbuße bis 500.000 Euro. Der Mietendeckel wurde vom Berliner Senat auf fünf Jahre befristet. Ausgenommen wurden Neubauwohnungen ab Januar 2014.
Das Bundesverfassungsgericht erklärte jedoch, der Bund habe bereits eine Mietpreisbremse in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten eingeführt. Mit vier, teils umfangreichen Gesetzen habe er versucht, "mit detaillierten Regelungen einen Ausgleich zwischen den grundrechtlich geschützten Interessen der Vermieter und der Mieter zu gewährleisten und hierdurch die Mietpreisentwicklung in angespannten Wohnungsmärkten zu dämpfen", betonte das Gericht.
Der Berliner Mietendeckel regele ebenfalls den Schutz des Mieters vor überhöhten Mieten für ungebundenen Wohnraum, hieß es weiter. Dabei seien die Landesregelungen strenger als die Bundesregelungen. So werde etwa die zulässige Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen stärker begrenzt, als dies im Bundesrecht vorgesehen sei. Auch verbiete der Berliner Mietendeckel Mieterhöhungen im laufenden Mietverhältnis beziehungsweise für Neuvermietungen, die nach bundesgesetzlichen Regelungen erlaubt sind.
Dies gehe so nicht, befand das Bundesverfassungsgericht. Nach dem Grundgesetz werde der Kompetenzbereich der Länder "grundsätzlich durch die Reichweite der Bundeskompetenzen bestimmt, nicht umgekehrt", heißt es in dem Beschluss.
Mit der Karlsruher Entscheidung sind die Streitigkeiten aber wohl nicht endgültig beigelegt. Denn zahlreiche Vermieter haben in Berlin vorab vorbehaltlich einer Verfassungswidrigkeit des Mietendeckels Mieterhöhungen ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte am 30. März dazu noch entschieden, dass Behörden solche vorsorglichen Mieterhöhungen verbieten dürfen. (AZ: VG 8 L 201/20) Wie sich die Entscheidung der Karlsruher Richter darauf auswirkt und ob Mietern nun Mietnachzahlungen drohen, werden vermutlich die Gerichte klären müssen.