Berlin, São Paulo (epd). Brasilien hat die Zahl von 350.000 Corona-Toten überschritten. Innerhalb von 24 Stunden starben in dem südamerikanischen Land 2.616 Menschen an den Folgen einer Covid-Infektion, wie das Gesundheitsministerium am Samstagabend (Ortszeit) mitteilte. Damit liegt mit mehr als 21.000 Corona-Toten die tödlichste der Woche seit Beginn der Pandemie hinter den Brasilianern, schreibt die Tageszeitung "Folha de São Paulo". Wissenschaftler machen die Ausbreitung der sehr viel ansteckenderen Virus-Mutation P.1 für die stark gestiegenen Infektionszahlen verantwortlich.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nannte die Situation in Brasilien "sehr besorgniserregend" und forderte die Regierung auf, nationale Maßnahmen veranlassen. Staatspräsident Jair Bolsonaro verharmlost die Pandemie und wehrt sich gegen einen flächendeckenden Lockdown. Viele Gouverneure haben jedoch für ihre Bundesstaaten Schutzmaßnahmen veranlasst. Die Bettenkapazität in den Krankenhäusern ist landesweit völlig ausgeschöpft. Zudem fehlt es an Beatmungsgeräten, Sauerstoff und Medikamenten für die Intubation der Patienten.
Inzwischen wenden sich auch immer mehr Verbündete gegen Bolsonaro. Der Senat will nächste Woche einen Sonderausschuss einrichten, in dem das Vorgehen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie untersucht wird. In einem offenen Brief forderten rund 200 führende Wirtschaftsvertreter einen Kurswechsel von Bolsonaro.
Die Virusmutante P.1 wurde erstmals in der Amazonas-Metropole Manaus beobachtet und hat sich inzwischen auf das ganze Land ausgebreitet. Sie macht aktuell rund 90 Prozent der Neuinfektionen aus, wie das staatliche Forschungsinstitut FioCruz mitteilte.