Saarbrücken (epd). Von Dienstag an sollen im Saarland Außengastronomie, Fitnessstudios und Theater wieder öffnen können. Die saarländische Landesregierung hat dafür das sogenannte Saarland-Modell samt Stufenplan beschlossen, wie die Staatskanzlei am Freitag in Saarbrücken mitteilte. "Hinter diesem Systemwechsel steckt das Ziel, die Pandemie mit weniger Grundrechtseinschränkungen ebenso wirkungsvoll einzudämmen, ohne das Risiko einer gefährlichen Covid-19-Infektion einzugehen", sagte Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Neben Zustimmung gibt es auch Kritik an den Planungen.
Für die Öffnungen sind verpflichtend negative Corona-Tests, eine Kontaktnachverfolgung und die geltenden Abstands- und Hygienemaßnahmen nötig, wie die Staatskanzlei mitteilte. Tests in der Außengastronomie seien nur dann nicht nötig, wenn sich maximal fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen. Die Tests dürfen den Angaben zufolge nicht älter als 24 Stunden sein, Kinder bis sechs Jahren brauchen keine Tests. Testzentren, Schulen, Apotheken oder Ärzte müssten den Test bescheinigen, ein Selbsttest zähle nur unter Aufsicht vor Ort.
Ein Ampelsystem bestimme anhand vom Infektionsgeschehen, Inzidenzen, Reproduktionswert sowie der Entwicklung in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen das weitere Vorgehen, hieß es. "Wenn das Infektionsgeschehen nicht unter Kontrolle bleibt und dem Gesundheitssystem eine Überlastung droht, werden wir, ohne zu zögern auf Stufe Rot stellen und die Notbremse ziehen", sagte Hans. "Wir machen keine Experimente."
Eine Sieben-Tages-Inzidenz unter 100 gelte als ein stabiles Infektionsgeschehen und ermögliche die geplanten Öffnungen, hieß es. Bei einer Inzidenz von über 100 für drei Tage, dem Wert der ursprünglich von Bund und Ländern beschlossenen Notbremse, gilt die Testpflicht für alle Bereiche außer Bedarfen der Grundversorgung wie Lebensmittel. Die nicht näher definierte "drohende Überlastung des Gesundheitswesens" starte die rote Stufe. Dann komme es zu einer Rücknahme aller Öffnungsschritte und einem Lockdown. Zurzeit liegt die Sieben-Tages-Inzidenz im Saarland bei 92,4 (Stand: Donnerstagabend). Der Ministerrat beschloss außerdem eine Testpflicht an den Schulen ab 19. April.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) bezeichnete die Planungen als "klares, verlässliches System". "Wir setzen damit auch auf die Verantwortung der Saarländerinnen und Saarländer", betonte sie. Mit Vorsicht kämen mehr Freiheiten. "Ob sie halten, liegt an uns allen", sagte Rehlinger.
Zustimmung äußerten die Koalitionsfraktionen CDU und SPD. "Das Saarland wagt damit einen mutigen Schritt, wird aber nicht ins Risiko gehen und die Entwicklung der Neuinfektionen und die Belastung des Gesundheitswesens weiter im Blick behalten", erklären die Fraktionsvorsitzenden Alexander Funk (CDU) und Ulrich Commerçon (SPD).
Die frühere Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter, äußerte "völliges Unverständnis". "Das Modell vermittelt das Gefühl der generellen Lockerung und das ist falsch", schrieb die frühere saarländische Umweltministerin bei Twitter. Auch der Direktor des Regionalverbands Saarbrücken, Peter Gillo (SPD), hatte sich kritisch geäußert. Bei steigenden Infektionszahlen sei es zu riskant, im ganzen Saarland eine Öffnungsstrategie zu betreiben: "So sympathisch mir das auch ist - das ist jetzt einfach nicht der richtige Zeitpunkt."