chrismon-Gemeindewettbewerb 2021
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Krankenkasse muss für Behandlungspflege in Pflege-WG aufkommen

Kassel (epd). Die gesetzlichen Krankenkassen müssen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflege-Wohngemeinschaft auch einfache Behandlungsmaßnahmen als häusliche Krankenpflege bezahlen. Die Krankenkassen dürfen nicht pauschal davon ausgehen, dass die Pflege-WG wie eine stationäre Einrichtung anzusehen ist, die Maßnahmen wie Medikamentengaben, Blutzucker-Messungen oder das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen selbst schultern können, entschied am Freitag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem Grundsatzurteil. Das gelte auch dann, wenn WG-Bewohner ambulante Leistungen von der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten. (AZ: B 3 KR 14/19 R)

Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist die Krankenkasse für die ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege zuständig. Diese Form der ambulanten Leistungen kann Zuhause oder an jedem anderen "geeigneten Ort" erbracht werden. In stationären Einrichtungen muss die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege in der Regel nicht gewährleisten. Selbst in Wohnheimen für behinderte Menschen kann mitunter verlangt werden, dass dort das Personal zumindest einfachste Behandlungsmaßnahmen ohne zusätzliches Entgelt vornimmt.

Im Streitfall ging es um eine demenzkranke, mittlerweile verstorbene Frau, die mit elf weiteren dementen Menschen in einer Pflege-WG lebte. Die Pflegekasse der AOK gewährte bis zu einem gedeckelten Betrag häusliche Pflegehilfe. Darüber hinausgehende Kosten mussten die Bewohner selbst bezahlen. Die Klägerin hatte einen Vertrag mit einem ambulanten Pflegedienst. Die Übernahme einfachster Behandlungspflege war darin nicht vorgesehen. Die Klägerin war aber dreimal täglich auf Hilfe bei der Medikamenteneinnahme angewiesen.

Die AOK Bayern lehnte die Finanzierung ab. Die Pflege-WG sei wie eine stationäre Einrichtung anzusehen. Die Bewohner würden rund um die Uhr betreut. Das Personal könne daher unentgeltlich die einfachste Behandlungspflege, hier die Medikamentengabe, sicherstellen.

Das BSG urteilte, dass die Krankenkasse die Medikamentengabe bezahlen muss. Eine Pflege-WG sei keine stationäre Einrichtung, in der das Personal einfachste Behandlungsmaßnahmen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege unentgeltlich vornehmen muss.