Flüchtlinge: Merkel will EU-Türkei-Abkommen "neu beleben"

Berlin (epd). Trotz der Verletzung von Menschenrechten in der Türkei will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Flüchtlingsabkommen zwischen dem Land und der EU festhalten. "Wir haben gemeinsame Interessen", sagte Merkel am Donnerstag in ihrer Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag. Die Herausforderung der Migration gehöre dazu. "Diese können wir nur gemeinsam mit der Türkei lösen", sagte Merkel: "Das EU-Türkei-Abkommen ist genau die Grundlage dafür, die weiterentwickelt werden muss." Sie setze sich dafür ein, die Erklärung neu zu beleben und fortzuentwickeln.

Das Abkommen war vor fünf Jahren auf dem Höhepunkt der Fluchtbewegung aus Syrien nach Europa geschlossen worden. Die Erklärung sieht vor, dass Flüchtlinge, die über die Ägäis von der Türkei nach Griechenland übersetzen und damit "irregulär" einreisen, in die Türkei zurückgeschickt werden. Im Gegenzug versprach die EU der Türkei finanzielle Mittel zur Bewältigung der Aufnahme von Flüchtlingen und die Aufnahme syrischer Flüchtlinge aus der Türkei.

Das Abkommen sorgt immer wieder für Kritik wegen der innenpolitischen Lage in der Türkei. Migrationsexperten machen das Abkommen auch mitverantwortlich für die schlechte und perspektivlose Situation der Flüchtlinge auf den griechischen Inseln.

Merkel sagte, trotz aller Kritik sei viel Gutes erreicht worden. Es sei gelungen, das menschenverachtende Geschäft der Schleuser wirksam zu bekämpfen. "Die Zahl der illegalen Grenzübertritte nach Griechenland ist zurückgegangen und das gleiche gilt auch für die Todesopfer in der Ägäis", sagte die Kanzlerin. Dank der Unterstützung der EU könnten 660.000 syrische Flüchtlingskinder in der Türkei zur Schule gehen. Mehr als 1,8 Millionen Flüchtlinge hätten zusätzliche Unterstützung zum Lebensunterhalt bekommen. Das seien "im Namen der Mitmenschlichkeit gut angelegte Mittel", sagte Merkel.

Die Beziehungen zur Türkei sind ein Thema des Europäischen Rats, der am Donnerstag per Videokonferenz zusammenkommt. Merkel räumte ein, dass die Gespräche mit dem Land schwierig seien. "Wir erwarten, dass die Türkei rechtsstaatliche Standards einhält", sagte sie und ergänzte: "Das ist an vielen Stellen nicht der Fall, auch Menschenrechte werden nicht respektiert in vielen Fällen." Sie verwies auf den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Dieser sei ein "bedauerliches Zeichen".