Washington (epd). Der US-Staat Virginia hat die Todesstrafe abgeschafft. Gouverneur Ralph Northam sprach bei der Unterzeichnung des Reformgesetzes am Mittwoch (Ortszeit) von einer "moralischen" Entscheidung. Virginia habe die Todesstrafe nicht "fair" angewendet, und grundsätzlich könne nicht sichergestellt werden, dass keine unschuldigen Menschen zum Tode verurteilt würden, sagte der demokratische Politiker. Northam unterzeichnete die Reform vor dem Hinrichtungsgefängnis in Jarratt in Virginia.
Seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 hat außer Texas kein US-Staat so viele Menschen hingerichtet wie Virginia. 113 Verurteilte wurden dort auf dem elektrischen Stuhl oder per tödlicher Injektion exekutiert. In seiner 400-jährigen Geschichte hat der Staat im Süden der USA mehr als 1.300 Menschen hingerichtet. Die Vizepräsidentin der Organisation "Virginianer für Alternativen zur Todesstrafe", Jayne Barnard, würdigte die jahrelange politische Arbeit von Gegnern der Todesstrafe. Besondere Bedeutung hätten kirchliche Vertreter, erklärte sie.
Der Autor des Abschaffungsgesetzes, Senator Scott Surovell, sagte, Virginia habe mit Blick auf die vor allem gegen Schwarze gerichteten Todesstrafe eine "hässliche Geschichte". Bis vor wenigen Jahren sei die Ablehnung der Todesstrafe hier "keine populäre Ansicht" gewesen. Fragen zur möglichen Unschuld von Todeskandidaten hätten viele Menschen umgestimmt. In den USA wurden laut einer Untersuchung der Nichtregierungsorganisation "Informationszentrum Todesstrafe" seit 1973 insgesamt 185 zum Tod verurteilte Menschen als unschuldig entlassen.
Die meisten Todesurteile werden von den einzelnen US-Staaten vollstreckt. 27 der 50 Staaten sehen die Todesstrafe vor. Die Zahl der Hinrichtungen geht seit Jahren zurück. Im vergangenen Jahr haben Henker 17 Menschen getötet. US-Präsident Joe Biden lehnt die nationalstaatliche Todesstrafe ab. Demokratische Kongressabgeordnete und Senatoren haben einen Gesetzentwurf zur Abschaffung vorgelegt.