München (epd). Es ist ein großes Überraschungsei, das Bund und Länder den Religionsgemeinschaften zu Ostern ins Nest gelegt haben: Wenn es nach den jüngsten Corona-Beschlüssen geht, sollen zum Höhepunkt der Karwoche und des jüdischen Pessachfestes keine religiösen Präsenzveranstaltungen stattfinden. Darum wollen sie die Religionsgemeinschaften zumindest in Gesprächen bitten. Davon waren die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Zentralrat der Juden am Dienstag irritiert. "Wir sind überrascht worden. Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdienste sind kein Beiwerk", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, laut einem Tweet, den die Bischofskonferenz veröffentlichte.
Der Limburger Bischof betonte, zu Weihnachten hätten die Kirchen gezeigt, dass sie mit Vorsicht Messe feiern könnten. "Darauf wollen wir Ostern nicht verzichten." Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte, man wolle in den angekündigten Gesprächen sich genau erläutern lassen, warum die bewährten Hygieneschutz-Maßnahmen, die alle Landeskirchen für ihre Gottesdiensten hätten, nun nicht mehr ausreichten. Am Mittwoch wollen sich demnach alle 20 evangelischen Landeskirchen beraten. Bis Donnerstagabend solle eine Position vorliegen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster sagte, es gehe darum, gemeinschaftlich eine verfassungskonforme Lösung zu finden, die dem Grundrecht auf Religionsfreiheit gerecht werde. Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter, betonte ebenfalls das Recht auf ungestörte Religionsausübung. Christen genössen an Karfreitag und Ostern nicht einfach freie Tage, sondern sie beteten miteinander und feierten den lebendigen Gott.
In den Beschlüssen heißt es: "Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen." Teil des Beschlusspakets ist eine "erweiterte Ruhezeit" zu Ostern. Der Gründonnerstag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollen zu einmaligen Ruhetagen erklärt werden, so dass das Land vom 1. bis 5. April komplett herunterfährt.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) verteidigte die Entscheidung, dass möglichst keine Ostergottesdienste stattfinden sollten. "Das Ziel ist, dass alles zur Ruhe kommt", sagte sie. Daher gebe es die klare Erwartung an die Kirchen, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, es bleibe beim Appell. Die Möglichkeit zu Präsenz-Gottesdiensten an Sonn- und Feiertagen bleibe bestehen.
Es könnte für viele Gemeinden das zweite Jahr in Folge sein, in dem sie zu den höchsten christlichen Feiertagen auf Gottesdienste mit Besuchern verzichten. 2020 hatte es eine Abmachung zwischen Staat und Kirchen gegeben, während des ersten Corona-Lockdowns im April Präsenzveranstaltungen auszusetzen. Die Bereitwilligkeit, mit der die Kirchen dem zugestimmt hatten, hatte für Kritik gesorgt. Viele leitende Geistliche hatten anschließend betont, eine solche Situation solle es nicht wieder geben. An Weihnachten hatten daher trotz vielerorts hoher Inzidenzen Gottesdienste mit strengen Hygieneregeln stattgefunden.
Karfreitag und Ostern sind zentrale christliche Feiertage, Christen gedenken an diesen Tagen der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi. Das jüdische Pessachfest, das am 4. April endet, erinnert an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei.
epd lde/co/cez/hei fu